Zugeständnis bei irrtümlich unterlassenem Vortrag

BGH, Urteil v. 30.04.2015, IX ZR 1/13
Leitsatz:
1. Wer sich in seinem Parteivortrag erkennbar über die subjektiven Voraussetzungen der Verjährung irrt und deswegen zur Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis vom Anfechtungsanspruch und vom Anfechtungsgegner nicht vorträgt, gesteht diese übersehene Tatbestandsvoraussetzung nicht zu. (amtlicher Leitsatz)

Tatbestand:
Die S. AG (künftig: Schuldnerin) zahlte am 7. Juni 2006 den Betrag von 51.119,46 € an den Beklagten, um die Vollstreckung aus einem Titel abzuwenden, den der Beklagte gegen eine andere wirtschaftlich angeschlagene Gesellschaft der Firmengruppe erwirkt hatte, zu der auch die Schuldnerin gehörte. Auf Antrag der Schuldnerin vom 7. Juni 2007 eröffnete das Insolvenzgericht am 14. Juni 2007 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen und bestellte zunächst P. K. und am 5. Juni 2008 - nach dessen Entlassung - den Kläger zum Insolvenzverwalter. Der Kläger focht die Zahlung gegenüber dem Beklagten an und erhob noch im Jahr 2010 Klage.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch verjährt sei. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte der Kläger die Verurteilung des Beklagten auf Rückgewähr der Zahlung erreichen.

Entscheidungsgründe:
Da der Revisionsbeklagte trotz rechtzeitiger Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, musste auf Antrag des Revisionsklägers durch Versäumnisurteil entschieden werden. Das Urteil beruht jedoch nicht auf der Säumnis, sondern auf einer umfassenden Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81; vom 4. Juli 2013 - IX ZR 229/12, WM 2013, 1615 Rn. 6; insoweit in BGHZ 198, 77 nicht abgedruckt). Danach ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der im Revisionsverfahren geltend gemachten 51.119,46 € ausgeführt: Der bestehende Rückgewähranspruch sei nach § 146 Abs. 1 InsO, § 204 BGB verjährt. Der Kläger habe im Sinne von § 288 ZPO zugestanden, dass die Verjährung am 31. Dezember 2007 begonnen habe. Zwar sei die Verjährung durch Einreichung der Klage rechtzeitig gehemmt gewesen; das Verfahren sei jedoch mit der Wirkung des § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB in Stillstand geraten und vom Kläger zu spät wieder angerufen worden. Der Kläger habe das Geständnis nicht wirksam widerrufen. Weder habe er einen Irrtum dargelegt noch bewiesen, dass sein Vorgänger keine Kenntnis von dem Anfechtungsanspruch gehabt habe.

II. Die Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat nicht nach § 288 ZPO zugestanden, dass die Verjährungsfrist mit Ablauf des 31. Dezember 2007 begonnen habe.

1. Die Verjährung des Rückgewähranspruchs nach § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO richtet sich für das im Jahr 2007 eröffnete Verfahren nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 146 Abs. 1 InsO ; Art. 229 § 12 Abs. 1, § 6 Abs. 1 EGBGB).

a) Die dreijährige Regelfrist des § 195 BGB beginnt nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB frühestens mit dem Schluss desjenigen Jahres, in dem der Rückgewähranspruch entstanden ist. Dieser Anspruch entstand mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Beschluss vom 24. März 2011 - IX ZB 36/09, NZI 2011, 323 Rn. 6; vom 6. Dezember 2012 - IX ZB 84/12, NZI 2013, 147 Rn. 6; vom 7. Februar 2013 - IX ZB 286/11, NZI 2013, 393 Rn. 12). Denn vorher kann der Anspruch nicht als ein Recht der Insolvenzmasse entstehen. Wegen des Eröffnungszeitpunkts ist auf den im Eröffnungsbeschluss bezeichneten Tag (vgl. § 27 Abs. 2 Nr. 3 oder Abs. 3 InsO) abzustellen (MünchKommInsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 146 Rn. 8). Das Insolvenzverfahren wurde am 14. Juni 2007 eröffnet, mithin ist der Anfechtungsanspruch im Jahr 2007 entstanden. Die Verjährung trat frühestens mit Ablauf des 31. Dezember 2010 ein.

Wenn auf diesen Zeitpunkt abgestellt wird, ist der Rückgewähranspruch des Klägers verjährt, wie das Berufungsurteil richtig ausführt und die Revision nicht beanstandet. Zwar hat der Kläger durch Einreichung der Klage die Verjährung nach § 146 Abs. 1 InsO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt; die Klage ist dem Beklagten vor Ablauf des Jahres 2010 zugestellt worden. Das Verfahren ist jedoch nach § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB spätestens am 15. März 2011 in Stillstand geraten, weil das Landgericht im Einverständnis der Parteien am 7. März 2011 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und der Kläger am 15. März 2011 als letzte Verfahrenshandlung einen Schriftsatz zu den Akten gereicht hat. Mithin hat die Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der Vorlage des Schriftsatzes am 15. März 2011 geendet, also am 15. September 2011. Mit Einreichung des Schriftsatzes vom 2. November 2011 konnte der Kläger eine erneute Hemmung nach § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB nicht mehr erreichen, weil zu diesem Zeitpunkt sein Anspruch jedenfalls verjährt war (§ 209 BGB; 3. Dezember 2010 Eingang der Anfechtungsklage; 12. Dezember 2010 Zustellung der Anfechtungsklage: Der Kläger hätte deswegen spätestens bis zum 15. Oktober 2011 das Verfahren weiterbetreiben müssen).

Eine Verlängerung der Hemmung gemäß § 203 Satz 1 BGB wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen ist nicht eingetreten. Zwar haben beide Parteien vor dem Landgericht ihre Bereitschaft erklärt, Vergleichsverhandlungen zu führen. Auch hat der Kläger im Hinblick darauf den Beklagten am 19. April 2011 angeschrieben und um Vergleichsangebote gebeten. Auf dieses Schreiben hat der Beklagte aber nicht geantwortet. Schlafen die Verhandlungen ein, endet die Hemmung, wenn der Berechtigte den Zeitpunkt versäumt, zu dem eine Antwort auf die letzte Anfrage des Ersatzpflichtigen spätestens zu erwarten gewesen wäre (BGH, Urteil vom 6. November 2008 - IX ZR 158/07, NJW 2009, 1806 Rn. 10 f). Entsprechendes gilt für den umgekehrten Fall, dass der Verpflichtete auf ein Vergleichsangebot des Berechtigten nicht reagiert (BGH, Urteil vom 5. November 2002 - VI ZR 416/01, NJW 2003, 895, 897). Wann die Verhandlungen einschlafen, kann nicht allgemein angegeben werden, sondern ist eine Frage des Einzelfalls. Jedenfalls dann, wenn die Parteien Vergleichsverhandlungen noch nicht ernsthaft aufgenommen haben, sind die Verhandlungen eingeschlafen, wenn der Schuldner auf die Anfrage des Berechtigten, ein Vergleichsangebot zu unterbreiten, nicht innerhalb eines Monats reagiert (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2002, aaO; OLG Hamm, AnwBl 2013, 665; OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 13 U 65/12, nv Rn. 13; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 203 Rn. 8). Damit endete die Hemmung nach § 203 Satz 1 BGB am 19. Mai 2011 und die Verjährung konnte nach § 203 Satz 2 BGB frühestens am 19. August 2011 eintreten. Die Hemmung des § 203 BGB und die Hemmung nach § 204 BGB liefen deswegen nebeneinander her und führen zu keiner Verlängerung der Hemmung (Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 203 Rn. 3).

b) Erlangt der Insolvenzverwalter als die Anfechtung ausübender Gläubiger Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des Anfechtungsgegners erst nach dem Eröffnungsbeschluss, so beginnt die Frist erst mit dem Jahresende ab Kenntniserlangung. Der Kenntnis steht die grob fahrlässige Unkenntnis der tatsächlichen Anfechtungsvoraussetzungen gleich. Sie setzt eine besonders schwere, auch subjektiv vorwerfbare Vernachlässigung der Ermittlungspflichten des Insolvenzverwalters voraus. Grobe Fahrlässigkeit kann insbesondere vorliegen, wenn der Verwalter einem sich aufdrängenden Verdacht nicht nachgeht oder auf der Hand liegende, Erfolg versprechende Erkenntnismöglichkeiten nicht ausnutzt oder sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühen und Kosten beschaffen könnte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 146 Rn. 8b).

aa) Der Kläger selbst kann frühestens mit seiner Bestellung im Juni 2008 Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des Anfechtungsgegners erlangt haben. Wenn allein auf seine Kenntnis abgestellt wird, würde die regelmäßige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 146 Abs. 1 InsO mit Schluss des Jahres 2008 beginnen und nach drei Jahren, also am 31. Dezember 2011, enden. Mit Einreichung des Schriftsatzes am 2. November 2011 wäre die Verjährung deswegen in jedem Fall nach § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB rechtzeitig gehemmt. Der Anspruch wäre dann nicht verjährt.

bb) Auf die Kenntnis des Klägers kann es aber erst von dem Zeitpunkt seiner Bestellung ankommen. Vorher ist auf die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis des früheren Verwalters abzustellen. Im Falle des Gläubigerwechsels durch Abtretung (§ 398 BGB), Legalzession (§ 412 BGB) oder Gesamtrechtsnachfolge muss sich der neue Gläubiger - entsprechend § 404 BGB - die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des alten Gläubigers zurechnen lassen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94, NJW 1996, 117, 118; vom 24. April 2014 - III ZR 156/13, NJW 2014, 2345 Rn. 25; vom 30. April 2014 - IV ZR 30/13, NJW 2014, 2492 Rn. 13). Nichts Anderes kann für den Wechsel des Verwalters gelten. Denn so wie die Rechtshandlungen des entlassenen Verwalters, abgesehen von nichtigen Handlungen, ihre Wirksamkeit behalten (HK-InsO/Riedel, 7. Aufl., § 59 Rn. 12), setzt seine Kenntnis und seine grob fahrlässige Unkenntnis von bestehenden Anfechtungsansprüchen die Verjährungsfrist in Gang. Es wird allenfalls erörtert, ob bei einem Verwalterwechsel über § 146 Abs. 1 InsO § 210 BGB analog zur Anwendung kommt, mit der Folge, dass Anfechtungsansprüche frühestens sechs Monate seit Bestellung des neuen Verwalters verjähren können (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 146 Rn. 24; Nerlich in Nerlich/Römermann, InsO, 2014, § 146 Rn. 7; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 5. Aufl., § 146 Rn. 5 aE; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 146 Rn. 8). Nach dieser Regelung wird der Lauf der Verjährung jedoch nur beeinflusst, wenn der Wechsel des Verwalters während der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist erfolgt (vgl. MünchKommBGB/Grothe, 6. Aufl., § 210 Rn. 6). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil der Verwalterwechsel im Jahr 2008 stattgefunden hat und die Anfechtungsansprüche keinesfalls vor dem 31. Dezember 2010 verjährten.

c) Mithin kommt es auf die Beantwortung der Frage an, ob und wann der Amtsvorgänger des Klägers Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des Anfechtungsgegners erlangt hat oder ab wann seine Unkenntnis grob fahrlässig war.

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger den Verjährungsbeginn nicht wirksam gestanden.

a) Ein Geständnis im Sinne von § 288 ZPO ist die Erklärung einer Partei, dass eine von der Gegenseite behauptete, für die gestehende Partei ungünstige Tatsache wahr ist. Sie erklärt ihr Einverständnis damit, dass diese Tatsache zur Urteilsgrundlage gemacht wird. In der Wirkung wird die Tatsachenbehauptung im weiteren Prozess als wahr unterstellt (MünchKomm-ZPO/Prütting, 4. Aufl., § 288 Rn. 5). Gegenstand eines Geständnisses können zunächst Tatsachen sein, zu denen auch innere Tatsachen wie eine Willensrichtung gehören. Einem Geständnis zugänglich sind darüber hinaus auch juristisch eingekleidete Tatsachen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - XII ZR 100/00, WM 2004, 544, 545; vom 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, WM 2007, 1662 Rn. 16; vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, NJW 2011, 2130 Rn. 12). Grundsätzlich können auch präjudizielle Rechtsverhältnisse Gegenstand eines Geständnisses sein (BGH, Urteil vom 16. Juli 2003, aaO). Der Verjährungsbeginn als solcher kann mithin als eine reine Rechtsfrage nicht Gegenstand eines Geständnisses sein, sondern nur die Tatsachen, aus denen sich der Verjährungsbeginn herleitet. Insbesondere kann ein Gläubiger zugestehen, Kenntnis von Anspruch und Anspruchsgegner zu einem bestimmten Zeitpunkt erlangt zu haben. In diesem Sinne kann seine Erklärung, die Verjährung habe zu einem bestimmten Zeitpunkt begonnen, verstanden werden.

b) Ob der Kläger in diesem Sinne ein Geständnis gemäß § 288 Abs. 1, § 289 Abs. 2 ZPO abgegeben hat, ist revisionsrechtlich uneingeschränkt nachprüfbar (BGH, Urteil vom 22. Mai 2001 - VI ZR 74/00, NJW 2001, 2550, 2551). Die Auslegung und rechtliche Würdigung prozessualer Willenserklärungen der Parteien unterliegt der uneingeschränkten Nachprüfung des Revisionsgerichts (BGH, Urteil vom 14. April 1999 - IV ZR 289/97, NJW-RR 1999, 1113).

aa) Als derjenige, dem die Einrede der Verjährung zugutekommt, ist der Beklagte für die dafür maßgeblichen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig. Ihm obliegt es, die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seines Gläubigers von den in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB genannten Voraussetzungen darzutun. Er muss also Umstände dartun und gegebenenfalls beweisen, aus denen folgt, dass der zunächst bestellte Insolvenzverwalter von dem Anfechtungsanspruch bis Ende des Jahres 2007 erfahren hat oder sich einem sorgfältig arbeitenden Insolvenzverwalter der Schluss auf einen Anspruch und auf die Person des Schuldners hätte aufdrängen müssen. Allerdings obliegt es dem Kläger, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitzuwirken. Er hat deswegen die Umstände darzulegen, die ihn an der Erkenntnis gehindert haben, dass ihm ein Anspruch zusteht. Gleiches gilt für das, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seines Anspruchs getan hat (vgl. MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 199 Rn. 42).

Die Mitwirkungspflichten des Klägers erstrecken sich allerdings nur eingeschränkt auf die Zeit der Verwaltung durch den Amtsvorgänger. Im Rahmen des § 138 Abs. 4 ZPO ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass eine Partei auf die Kenntnisse ihres früheren gesetzlichen Vertreters nicht verwiesen werden kann (BGH, Urteil vom 9. Juli 1987 - III ZR 229/85, WM 1987, 1125, 1126), weil das Wissen ihr durch das Ausscheiden des Organmitglieds gleichsam verloren gegangen ist (Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 4. Aufl., § 138 Rn. 43). Nichts anderes kann im Verhältnis vom Insolvenzverwalter zu seinem Amtsvorgänger gelten. Doch muss der Kläger immerhin vortragen, welche Kenntnisse zu den Anfechtungsansprüchen sein Amtsvorgänger ihm übermittelt hat und wie der Bearbeitungsstand der Anfechtungsansprüche war, als er das Amt übernommen hat (vgl. Wieczorek/ Schütze/Gerken, aaO). Diesen Vortrag hat der Kläger gehalten.

bb) Der Beklagte selbst hat erstinstanzlich weder behauptet noch unter Beweis gestellt, dass der frühere Insolvenzverwalter noch im Jahr 2007 Kenntnis vom tatsächlichen Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen und von der Person des Anfechtungsgegners hatte. Kläger, Beklagter und Landgericht gingen ersichtlich im Anschluss an die bis zum 14. Dezember 2004 geltende Rechtslage davon aus, dass die Anfechtungsansprüche kenntnisunabhängig in drei Jahren ab Schluss des Jahres, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, verjährten. So hat der Beklagte im Schriftsatz vom 9. Februar 2012 die Einrede der Verjährung erhoben und hierzu vorgetragen, gemäß § 146 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 195 BGB verjährten Anfechtungsansprüche innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, die im Jahr der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen beginne. Vorliegend verjährten Anfechtungsansprüche folglich mit Ablauf des 31. Dezember 2010. Der Kläger hat darauf reagiert mit dem Vortrag, richtig sei, dass gemäß § 146 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 195 BGB die insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüche innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjährten. Die Frist beginne mit dem Ende des Jahres der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu laufen. Diese Erklärung erfasste mithin - ebenso wenig wie die Erklärung des Beklagten - nicht eine Kenntnis der Insolvenzverwalter von Anspruch und Anspruchsgegner oder deren grob fahrlässige Unkenntnis. Noch im Verhandlungstermin, auf den das erstinstanzliche Urteil erging, stellte das Landgericht in seinen Hinweisen zum Verjährungsbeginn allein auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz hat der Kläger die Frage nach der Kenntnis angesprochen.

Da in der ersten Instanz eine etwaige Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Amtsvorgängers des Klägers von den Parteien nicht angesprochen worden ist, kann die klägerische Einlassung nicht so ausgelegt werden, dieser habe Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seines Amtsvorgängers zugestanden. Den Beginn der Verjährung als reine Rechtsfrage konnte der Kläger nicht gestehen und hat er auch nicht gestanden. Insoweit hat er lediglich Rechtsausführungen gehalten, wobei diesen eine zu seinen Ungunsten erkennbar rechtsirrige Rechtsauffassung vom Verjährungsbeginn zugrunde lag. Wer sich in seinem Vortrag erkennbar über die Voraussetzungen der Verjährung irrt, deswegen eine Tatbestandsvoraussetzung ersichtlich übersieht und zu dieser nicht vorträgt, ist nicht einverstanden damit, dass diese übersehene Tatbestandsvoraussetzung zu seinem Nachteil zur Urteilsgrundlage gemacht wird.

cc) Da der Kläger zum Verjährungsbeginn kein Geständnis im Sinne von § 288 ZPO abgegeben hat, durfte das Berufungsgericht seinen diesbezüglichen Vortrag nicht unberücksichtigt lassen. Auch hätte es den Vortrag nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen dürfen. Vielmehr hätte schon das Landgericht gemäß § 296a, § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Verhandlung wiedereröffnen müssen, nachdem in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz erstmals zu einem Gesichtspunkt vorgetragen worden ist, den die Parteien bis dahin übersehen hatten. Deswegen hätte das Berufungsgericht den neuen Vortrag nach § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulassen müssen.

III. Das angefochtene Urteil kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO).