Vorrangige Verpflichtung des sicherungsgebenden Gesellschafters zur Befriedigung von Gesellschaftsschulden

(Beitrag zum Urteil des BGH v. 13.07.2017, IX ZR 173/16)
Die Trennung der Vermögensmassen von GmbH und Gesellschaftern soll grundsätzlich eine Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten vermeiden. In der Krise der Kapitalgesellschaft gelingt das – wie in dem nachfolgenden Fall - oft genug nicht.

Die örtliche Sparkasse hatte einer GmbH eine Kreditlinie von 100.000,- € eingeräumt. Zur Sicherung trat die GmbH Alle Kundenforderungen an die Sparkasse ab (Globalabtretung). Außerdem übernahm der einzige Gesellschafter eine Höchstbetragsbürgschaft über 100.000, €. Einen Monat vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH befand sich deren Konto mit 98.000,- € im Soll. Aufgrund der abgetretenen Forderungen konnte die Kreditlinie vollständig zurückgeführt werden. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH nahm nun den Gesellschafter im Wege der Insolvenzanfechtung auf Zahlung von 98.000,- € erfolgreich in Anspruch.

Damit die von dem Insolvenzverwalter vorgenommene Anfechtung erfolgreich sein konnte, musste innerhalb eines Jahres vor dem Eröffnungsantrag (Anfechtungsfrist, § 135 Abs.2 InsO) durch eine Rechtshandlung der GmbH die Kreditlinie zurückgeführt worden und damit die Gesellschaftersicherheit (Bürgschaft) frei geworden sein. Die Benachteiligung der Gesellschaftsgläubiger liege in der Minderung der Aktivmasse um Mittel aus den an die Bank abgetretenen Forderungen. Der Gesellschafter sei generell aus der von ihm übernommenen Sicherung zur vorrangigen Befriedigung der Gläubiger verpflichtet.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist konsequent. Denn in der Krise der Gesellschaft hat der Gesellschafter vorrangig selbst der Gesellschaft Kapital zuzuführen. Dieser Verpflichtung entzieht er sich zumindest teilweise, wenn eine Bank Darlehensgeberin wird und er sich auf die Besicherung des Darlehens beschränkt. Ein wichtiges Argument ergibt sich weiter aus der Rangfolge der Insolvenzgläubiger nach § 39 Abs.1 Nr.5 InsO. Die Forderung des Gesellschafters gegen die GmbH aus Darlehensertrag wäre im Insolvenzverfahren nur eine nachrangige Forderung. Dieser gesetzgeberische Wille würde aber auf den Kopf gestellt, wenn die Gesellschaft die Bank befriedigt und damit der Gesellschafter von seinen Verpflichtungen frei und damit vollständig befriedigt würde.

Vorliegend war eine Anfechtung gegenüber der Bank nicht möglich, da die Globalabtretung insolvenzfest bestellt wurde und die Anfechtung nach § 135 InsO gegenüber dem Darlehensgeber nicht möglich ist.