Verpflichtung des atypischen stillen Gesellschafters zur Zahlung seiner noch nicht erbrachten Einlage bei Beendigung der Gesellschaft

(Beitrag zum Urteil des BGH v. 16.05.2017, II ZR 284/15)
Während der typische stille Gesellschafter lediglich am Gewinn und Verlust des Geschäftsinhabers teilnimmt, nimmt er bei Beendigung der atypisch stillen Gesellschaft auch an den stillen Reserven des Unternehmens teil. Die Einlage des atypischen stillen Gesellschafters geht in das Vermögen des Geschäftsinhabers über.

In einem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nahm ein stiller Gesellschafter an einer Kommanditgesellschaft teil, die im Bereich des Fahrzeugleasings- und der Fahrzeugvermietung tätig war. Alle stillen Gesellschafter wurden an Gewinn und Verlust des Unternehmens sowie an den stillen Reserven der Vermögenssubstanz beteiligt. Im Gesellschaftsvertrag war u.a. geregelt, dass die stillen Gesellschafter Mitwirkungsrechte bzgl. des laufenden Geschäftsbetriebs haben und mit ihren Auszahlungsansprüchen hinter die Forderungen von Gesellschaftsgläubigern zurücktreten. Als die stillen Gesellschafter beschlossen, die stille Gesellschaft zu “liquidieren“, forderte die Gesellschaft von dem o. e. Gesellschafter die Zahlung seiner noch offenen Einlage i.H.v. 8.600,- €.

Der Bundesgerichtshof weist zunächst darauf hin, dass der “Liquidationsbeschluss“ der stillen Gesellschafter nicht zur Liquidation sondern zur Vollbeendigung der stillen Gesellschaft geführt hat, denn grundsätzlich führt die Auflösung zur Beendigung der stillen Gesellschaft und unmittelbar zur Auseinandersetzung zwischen Geschäftsinhaber und stillen Gesellschaftern.

Grundsätzlich hat der stille Gesellschafter nach Beendigung der stillen Gesellschaft seine rückständige Einlage nur bis zur Höhe seines Verlustanteils zu erbringen. Das soll ausnahmsweise anders ein, wenn die von dem stillen Gesellschafter übernommenen Einlage nach dem Gesellschaftsvertrag Eigenkapitalcharakter hat; dann ist sie bei Auflösung der stillen Gesellschaft voll zu erbringen. Dies soll auch dann gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Verlustdeckung ausschließt. Der Eigenkapitalcharakter ergibt sich in der vorliegenden Konstellation auch aus der Einräumung von Kommanditisten vergleichbaren Mitwirkungsrechten. Der Zweck der Einlage als Kapitalausstattung führt dazu, dass sie als Haftungsmasse für Gläubiger des Geschäftsinhabers zur Verfügung stehen muss.

Der Bundesgerichtshof schließt mit dieser Entscheidung eine Schutzlücke für Gläubiger eines Geschäftsinhabers, dessen stille Gesellschafter zwar im laufenden Geschäftsbetrieb mitwirken und mitbestimmen wollen, durch gesellschaftsvertragliche Regelung aber eine Haftungsbegrenzung gegenüber den Gläubigern des Geschäftsinhabers erzeugen wollen.