Vergleich zwischen Insolvenzverwalter und Gesellschafter über Höhe der Haftung

BGH, Urteil v. 17.12.2015, IX ZR 143/13
Leitsatz:
Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, sich mit einem Gesellschafter über die Höhe seiner Haftung zu vergleichen. Ein solcher Vergleich kommt den betroffenen Gesellschaftern auch zugute, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben ist (Anschluss an BAGE 125, 92).

InsO §§ 93, 178 Abs. 1

Die Einziehungsbefugnis des Insolvenzverwalters umfasst sämtliche Haftungsforderungen der Gesellschaftsgläubiger, die ihre Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft angemeldet haben, selbst wenn die Insolvenzforderungen vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestritten und die Widersprüche nicht beseitigt worden sind.

InsO § 93; AnfG § 17 Abs. 1 analog

Der von einem Gesellschaftsgläubiger gegen die persönlich haftenden Gesellschafter eingeleitete Rechtsstreit wird kraft Gesetzes durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft unterbrochen.

InsO § 93; AnfG § 17 Abs. 1 Satz 2 analog und Satz 3, § 18 Abs. 1; ZPO § 239 Abs. 2

Wenn der Rechtsstreit zwischen Gesellschaftsgläubiger und Gesellschafter im laufenden Insolvenzverfahren nicht durch den Insolvenzverwalter aufgenommen wird und der Gesellschafter kein Versäumnisurteil gegen den Insolvenzverwalter erwirkt hat, kann der Gesellschaftsgläubiger den Prozess nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aufnehmen.

BGB § 204 Abs. 2 Satz 2; AnfG § 17 Abs. 1 analog

Wird der Haftungsprozess des Gesellschaftsgläubigers gegen den persönlich haftenden Gesellschafter unterbrochen, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet worden ist, liegt kein Verfahrensstillstand infolge Nichtbetreibens durch die Parteien vor.

(amtlicher Leitsatz)

Tatbestand:
Der Kläger betreibt eine Reparaturwerkstatt für Landmaschinen und verkauft Landmaschinen und Ersatzteile. Er stand in dauernder Geschäftsbeziehung mit der G. Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (künftig: Schuldnerin). Im September 2002 erwirkte er Mahnbescheide gegen die Gesellschafter der Schuldnerin, unter anderem gegen die Beklagten zu 1, 2, 4 und 5 (künftig auch: die Beklagten), in Höhe von 69.549,64 € nebst Kosten und Zinsen wegen behaupteter Forderungen gegen die Schuldnerin aus "Warenlieferungen" aufgrund von Rechnungen aus der Zeit vom 19. Februar 1999 bis zum 16. August 2002. Die Beklagten legten Widerspruch ein; der Kläger begründete seine Ansprüche im Juli 2003. Am 26. November 2003 wurde über das Vermögen einer ähnlich firmierenden Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet. Darauf stellte das Landgericht am 29. Januar 2004 irrtümlich in dem Prozess des Klägers gegen die Gesellschafter der Schuldnerin analog § 240 ZPO die Unterbrechung des Verfahrens fest.

Am 23. Februar 2004 stellte eine Insolvenzgläubigerin den Antrag, das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu eröffnen. Daraufhin bestellte das Insolvenzgericht Rechtsanwalt Dr. M. zum Gutachter. Dieser teilte dem Insolvenzgericht mit, er habe mit den Gesellschaftern am 5. März 2004 vorbehaltlich der Genehmigung durch die Gläubigerversammlung eine Gesamtvereinbarung unter Berücksichtigung von deren Liquiditäts- und Finanzierungsspielräumen getroffen. Danach verpflichteten sich die Gesellschafter, zur Abgeltung der Gläubigerforderungen, die im Insolvenzverfahren gemäß § 93 InsO durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht würden, näher bestimmte Beträge an den Insolvenzverwalter zu zahlen, insgesamt 80.998,40 €. Am 16. März 2004 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. M. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Der Kläger meldete im Mai 2004 Forderungen gegen die Schuldnerin in Höhe von insgesamt 67.814,99 € wegen "Warenlieferung" nebst Zinsen und Kosten zur Tabelle an. Der Insolvenzverwalter bestritt die Forderungen. Die Beklagten zahlten die vereinbarten Beträge auf das Konto des Insolvenzverwalters ein. Im Schlusstermin am 3. März 2009 stimmte die Gläubigerversammlung dem Vergleich des Insolvenzverwalters mit den Gesellschaftern zu. In der Schlussverteilung zahlte der Insolvenzverwalter an die Insolvenzgläubiger auf die festgestellten Forderungen eine Quote in Höhe von 44,39 v.H. aus. Am 11. März 2010 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf.

Durch Schriftsatz vom 15. Juni 2011 hat der Kläger den unterbrochenen Prozess gegen die Beklagten wieder aufgenommen. Die Beklagten halten den Vortrag des Klägers zum Grund und zur Höhe der Forderungen für unsubstantiiert, erheben die Einrede der Verjährung und berufen sich auf die Vereinbarung der Gesellschafter mit dem Insolvenzverwalter vom 5. März 2004. Das Landgericht hat die Klage über zuletzt 67.814,99 € nebst Zinsen abgewiesen und das Berufungsgericht die Berufung des Klägers durch Beschluss zurückgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Kläger die Verurteilung der Beklagten erreichen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des die Berufung des Klägers zurückweisenden Beschlusses, soweit er die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten zu 1, 2, 4 und 5 betrifft, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagten hätten sich mit dem Insolvenzverwalter nach § 93 InsO abschließend über ihre Verbindlichkeiten als Gesellschafter der Schuldnerin verglichen. Durch diesen Vergleich seien sie von einer weitergehenden persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten der Schuldnerin auch gegenüber dem Kläger befreit worden. Die zentrale Frage, ob der Insolvenzverwalter der Gesellschaft sich nach § 93 InsO mit den Gesellschaftern über deren persönliche Haftung gegenüber der Schuldnerin vergleichen dürfe, sei höchstrichterlich geklärt (BAGE 125, 92). Die Sperr- und Ermächtigungswirkung umfasse auch angemeldete Forderungen, die der Insolvenzverwalter bestritten habe. Dem Anmeldenden habe es freigestanden, den Insolvenzverwalter auf Feststellung zur Tabelle gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Dass der Kläger diese Möglichkeit versäumt habe, gehe zu seinen Lasten und lasse die Reichweite der Wirkung des Teilerlassvergleichs unberührt.

II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Allerdings treffen die Ausführungen des Berufungsurteils im Ausgangspunkt zu.

a) Nach § 93 InsO kann im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts die persönliche Haftung des Gesellschafters für Verbindlichkeiten der Gesellschaft während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur von dem Insolvenzverwalter der Gesellschaft geltend gemacht werden.

aa) Von dieser Regelung gehen zwei Wirkungen aus, die Sperrwirkung und die Ermächtigungswirkung. Die Sperrwirkung besteht darin, dass die Gläubiger nicht mehr gegen persönlich haftende Gesellschafter vorgehen und diese nicht mehr befreiend an den Gläubiger der Gesellschaft leisten können. Die Ermächtigungswirkung verleiht dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft die treuhänderisch gebundene Befugnis, die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Gesellschafter gebündelt einzuziehen. Hierbei handelt es sich wie bei § 171 Abs. 2 HGB nicht um einen gesetzlichen Forderungsübergang. Der in Anspruch genommene Gesellschafter tilgt durch die Zahlung an den Insolvenzverwalter der Gesellschaft konkrete Gläubigerforderungen, deren Selbständigkeit durch die Verfahrenseröffnung unangetastet bleibt. Zweck der Regelung des § 93 InsO ist es, einen Wettlauf der Gläubiger um die Abschöpfung der Haftsummen zu verhindern, den Haftungsanspruch der Masse zuzuführen und auf diese Weise den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger auf die Gesellschafterhaftung auszudehnen. Zugleich wird ein Beitrag zur Überwindung der Massearmut geleistet (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2006 - II ZR 193/05, ZInsO 2007, 35 Rn. 9; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 Rn. 10 f; Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 217/11, NZI 2012, 858 Rn. 4 ff; BAGE 125, 92 Rn. 16). Im Gegenzug ist der Verwalter verpflichtet, im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Gesellschafter alle bestehenden Haftungsansprüche rechtzeitig geltend zu machen, soweit dies zur Befriedigung der Gläubiger voraussichtlich erforderlich ist. Denn die Vorschrift des § 93 InsO soll der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger dienen. Keiner der Gläubiger soll sich einen Sondervorteil aus dem Gesellschaftervermögen verschaffen können (vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 140).

Die treuhänderische Einziehung der Haftungsforderungen für die Insolvenzgläubiger hat zur Folge, dass der Insolvenzverwalter die Gesellschafterhaftung immer nur für die Gläubiger realisiert, die gegen den betroffenen Gesellschafter Ansprüche aus gesellschaftsrechtlicher Haftung haben. Das sind nicht notwendig immer alle Insolvenzgläubiger (vgl. Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 36. Aufl., § 128 Rn. 28 ff). Auch haften die Gesellschafter nicht für sämtliche Masseverbindlichkeiten (vgl. näher BGH, Urteil vom 24. September 2009 - IX ZR 234/07, NJW 2010, 69; Jaeger/Müller, InsO, 2007, § 93 Rn. 30 ff; MünchKomm-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 93 Rn. 7 ff, 20). Nach dem Urteil des Senats vom 24. September 2009 haften die Gesellschafter nicht für die Verfahrenskosten gemäß § 54 InsO (aaO Rn. 19). Offengelassen hat der Senat die Frage, ob die von den Gesellschaftern aufgrund ihrer Haftung für die Insolvenzforderungen nach § 93 InsO eingezogenen Mittel zur Deckung der Verfahrenskosten verwendet werden dürfen (aaO Rn. 25).

Infolgedessen muss der Insolvenzverwalter jedenfalls dann Sondermassen bilden, wenn die Haftungsschuldner nicht für alle Insolvenz- und Masseverbindlichkeiten haften und die Verbindlichkeiten auch nicht aus den eingezogenen Mitteln beglichen werden dürfen. Der Verwalter hat die eingezogenen Beträge treuhänderisch - gegebenenfalls in den jeweiligen Sondermassen für die an diesen beteiligten Gläubiger - für die Gläubiger zu verwalten und an sie gemäß §§ 187 ff InsO (quotal) auszuschütten. Denn die persönliche Haftung der Gesellschafter soll während des Insolvenzverfahrens über das Gesellschaftsvermögen der Gesamtheit der jeweils beteiligten Gesellschaftsgläubiger zugutekommen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2008 - IX ZB 199/05, NZI 2009, 108 Rn. 9; vom 20. Juni 2013 - IX ZR 221/12, NZI 2013, 747 Rn. 1 mit Anm. Cranshaw, jurisPR-HaGesR 8/2013 Anm. 5; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 93 Rn. 28; MünchKomm-HGB/Schmidt, 3. Aufl., §§ 171, 172 Rn. 112; Jaeger/ Müller, InsO, 2007, § 93 Rn. 56; MünchKomm-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 93 Rn. 22; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 93 Rn. 3; Wittkowski/Kruth in Nerlich/Römermann, InsO, 2012, § 93 Rn. 5; Gottwald/Haas/Mock, Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 94 Rn. 56).

bb) Bei der gerichtlichen Geltendmachung der Gesellschafterhaftung wird der Insolvenzverwalter als gesetzlicher Prozessstandschafter der einzelnen Gläubiger tätig, weil der in Anspruch genommene Gesellschafter durch Zahlung an ihn konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen bringt. Die Prozessführung für die Einziehung von Forderungen gegen Gesellschafter liegt während der gesamten Verfahrensdauer allein bei dem Insolvenzverwalter. Die Gesellschaftsgläubiger verlieren für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis für die Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen die Gesellschafter (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2006 - II ZR 193/05, ZInsO 2007, 35 Rn. 9; Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZR 217/11, NZI 2012, 858 Rn. 9; BAGE 125, 92 Rn. 16).

Wegen des Übergangs der Prozessführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter war der Rechtsstreit gegen die beklagten Gesellschafter der Schuldnerin mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 16. März 2004 entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG - und nicht, wie das Landgericht angenommen hat, nach § 240 ZPO - während der Dauer des Insolvenzverfahrens unterbrochen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 2002 - IX ZR 236/99, NJW 2003, 590). Die Unterbrechung des Rechtsstreits tritt kraft Gesetzes ein, unabhängig davon, ob dies den Parteien oder dem Gericht bekannt oder bewusst war. Die Unterbrechung dauert bis zur Aufnahme des Verfahrens an, die gemäß § 250 ZPO durch Zustellung eines bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes zu erfolgen hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - IX ZR 29/08, NZI 2010, 196 Rn. 17; MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 17 Rn. 11). Einer gerichtlichen Entscheidung bedarf es zur Herbeiführung der Wirkungen des § 249 ZPO nicht. Ein entsprechender Beschluss über die Feststellung der Unterbrechung hat nur eine feststellende Wirkung (BGH, Beschluss vom 14. November 2002, aaO S. 591). Deswegen spielt es rechtlich keine Rolle, dass das Landgericht im Beschluss vom 29. Januar 2004 die Unterbrechung unter Hinweis auf § 240 ZPO festgestellt hat, ohne dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt schon eröffnet war. Mit der Eröffnung am 16. März 2004 war der Rechtsstreit des Klägers gegen die beklagten Gesellschafter unterbrochen.

Da der Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin das Klageverfahren gegen die beklagten Gesellschafter der Schuldnerin nicht aufgenommen hat und diese nicht nach Verzögerung der Aufnahme durch ihn entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 3 AnfG in Verbindung mit § 239 Abs. 2 bis 4 ZPO verfahren sind, sie ihn also nicht zur Aufnahme und zur Verhandlung der Hauptsache gezwungen oder im Falle seines Nichterscheinens gegen ihn ein die Haftungsklage abweisendes Versäumnisurteil ( § 330 ZPO ) in der Sache erwirkt haben (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 17 Rn. 14; MünchKomm-ZPO/Gehrlein, 4. Aufl., § 239 Rn. 43), konnte der Kläger nach Beendigung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin den Rechtsstreit gegen die beklagten Gesellschafter entsprechend § 18 Abs. 1 AnfG fortsetzen (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 18 Rn. 13). Er muss sich allerdings alle dem Anspruch entgegenstehende Einreden und Einwendungen entgegenhalten lassen (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 18 Rn. 18), etwa auch Vereinbarungen des Insolvenzverwalters mit den Gesellschaftern über die Haftungsforderung (vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 18 Rn. 20).

b) Die Sperrwirkung des § 93 InsO bezieht sich auf sämtliche Insolvenzforderungen, gleich ob angemeldet oder nicht und ob zur Tabelle festgestellt oder nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2008 - IX ZB 199/05, NZI 2009, 108 Rn. 12). Die Ermächtigungswirkung erfasst neben den zur Tabelle festgestellten die angemeldeten, aber bestrittenen und deswegen nicht zur Tabelle festgestellten Insolvenzforderungen.

aa) Allerdings umfasst die Ermächtigung zur Geltendmachung durch den Insolvenzverwalter nur Haftungsansprüche der Gesellschaftsgläubiger, welche die der Haftung zugrundeliegenden Forderungen im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft angemeldet haben (BAGE 125, 92 Rn. 14; MünchKomm-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 93 Rn. 14; Jaeger/Müller, InsO, § 93 Rn. 51; Piekenbrock in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 93 Rn. 11; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 93 Rn. 31; HmbKomm-InsO/Pohlmann, 5. Aufl., § 93 Rn. 33; noch offen gelassen von BGH, Beschluss vom 20. November 2008 - IX ZB 199/05, NZI 2009, 108 Rn. 11). Der Insolvenzverwalter kann bei der Durchsetzung der Haftungsansprüche nur die angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger berücksichtigen, weil sich seine Aufgabe der Befriedigung der Gläubiger nur auf die am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger erstreckt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 1958 - II ZR 83/57, NJW 1958, 1139 für die KO und für § 171 Abs. 2 HGB).

bb) Doch müssen sich die Berechtigung, an der Verteilung nach §§ 187 ff InsO teilzunehmen, und die Einziehungsbefugnis nicht in jedem Fall entsprechen. Dies verdeutlicht der hier zur Entscheidung anstehende Fall, der sich dadurch auszeichnet, dass ein Gläubiger der Gesellschaft seine Forderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft angemeldet, der Insolvenzverwalter der Forderung widersprochen und der von dem Widerspruch betroffene Gläubiger keine Feststellungsklage erhoben hat, seine Forderung mithin nicht als festgestellt gilt (§§ 178, 179 InsO). Der Insolvenzverwalter ist auch in diesem Fall ermächtigt, die Haftungsansprüche des betroffenen Insolvenzgläubigers gegen die Gesellschafter einzuziehen.

(1) Die Aufgabe des Insolvenzverwalters, auf eine bestmögliche und gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger hinzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2005 - IX ZR 281/03, BGHZ 163, 32, 35 f; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 172/11, NZI 2013, 347 Rn. 8), bezieht sich auf alle Gläubiger, die sich am Verfahren beteiligen. Denn nach § 38 InsO dient die Insolvenzmasse zur Befriedigung der persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben. Für die hier in Rede stehende Einziehungsbefugnis im Vorfeld des Verteilungsverfahrens kann es nur darauf ankommen, ob der betreffende Gläubiger zur Teilnahme am Verfahren berechtigt ist. Das ergibt sich daraus, dass die Insolvenzordnung eine unterschiedliche Intensität der Forderungsprüfung in den einzelnen Verfahrensabschnitten vorsieht. Die Feststellung, dass eine Forderung dem Gläubiger wirklich zusteht, wird erst erheblich, wenn die Verteilungsquote an ihn ausgezahlt werden soll. Seine Forderung muss entweder festgestellt (§ 178 Abs. 1, § 183 Abs. 1 InsO) oder tituliert sein (§ 189 Abs. 1 Satz 1 InsO ; MünchKomm-InsO/Ehricke, 3. Aufl., § 38 Rn. 15; Jaeger/Henckel, InsO, § 38 Rn. 9). Deswegen ist für die Ermächtigungswirkung lediglich zu fordern, dass die Forderung von dem Gläubiger angemeldet ist.

(2) Für dieses Verständnis sprechen Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität. Den angemeldeten Forderungen kann noch bis zum Prüftermin widersprochen werden (§ 178 Abs. 1 Satz 1 InsO). Auch müssen die Forderungen nicht bestritten bleiben. Der zunächst erklärte Widerspruch kann zurückgenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1957 - VIII ZR 251/56, WM 1957, 1225, 1226; MünchKomm-InsO/Schumacher, 3. Aufl., § 178 Rn. 43). Die gerichtliche Feststellung des bestrittenen Insolvenzgläubigerrechts gegenüber dem Bestreitenden (§ 183 Abs. 1 InsO) beseitigt den Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO (MünchKomm-InsO/Schumacher, aaO, § 178 Rn. 45). Deswegen kann ein Insolvenzverwalter die Haftungsforderungen der Insolvenzgläubiger nur wirkungsvoll gegenüber den Gesellschaftern geltend machen, wenn er dazu mit der Anmeldung der Forderung ermächtigt ist und ermächtigt bleibt, selbst wenn sie später bestritten wird.

Sähe man den Insolvenzverwalter erst mit der endgültigen Feststellung der bestrittenen Forderung gegebenenfalls gegen Ende des Insolvenzverfahrens als ermächtigt an, könnte er die Haftungsforderung dieses Gesellschaftsgläubigers schwerlich gegenüber den Gesellschaftern noch geltend machen. Wenn er demgegenüber mit der Anmeldung der Forderung zunächst ermächtigt wäre, die Haftungsforderungen geltend zu machen, die Ermächtigung aber mit dem Widerspruch entfiele und erst wieder neu begründet würde, wenn der Widerspruch zurückgenommen würde oder das Feststellungsurteil erginge, hinge seine Ermächtigung vom jeweiligen Stand der Forderungsfeststellung ab. Ein sinnvolles Forderungsmanagement wäre dem Insolvenzverwalter nicht möglich.

c) Die Ermächtigungswirkung des § 93 InsO umfasst die Befugnis des Insolvenzverwalters, sich mit den Gesellschaftern über die einzelnen Forderungen der Gesellschaftergläubiger zu vergleichen (BAGE 125, 92 Rn. 15 ff; Schmidt, InsO, 18. Aufl., § 93 Rn. 30; HK-InsO/Kayser, 7. Aufl., § 93 Rn. 32; Jaeger/Müller, InsO, § 93 Rn. 52; MünchKomm-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 93 Rn. 14; a.A. Klinck, NZI 2008, 349 f; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 93 Rn. 6).

aa) Die Wirkungen eines Vergleichs, der typischerweise mit einem Teilerlass der Forderung verbunden ist, kommen den Gesellschaftern gleichermaßen im Insolvenz- wie außerhalb des Insolvenzverfahrens zugute (BAGE 125, 92 Rn. 18; Schmidt, aaO). Durch eine betragsmäßige Reduzierung der Haftung der Gesellschafter kann der Vergleich bei zahlungsschwachen Gesellschaftern sicherstellen, dass die Gesellschafter nur nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verpflichtet bleiben. Die volle gerichtliche Geltendmachung und anschließende Zwangsvollstreckung kann bei finanziell schlecht gestellten Haftungsschuldnern dazu führen, dass insbesondere wegen der zu beachtenden Vorschriften zum Vollstreckungsschutz (§§ 765a, 811, 850 ff ZPO) das Vorgehen gegen die Gesellschafter keinen wirtschaftlichen Erfolg hat und sich an das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft Insolvenzverfahren über die Vermögen der Gesellschafter anschließen (vgl. BAGE 125, 92 Rn. 16).

bb) Der Insolvenzverwalter ist bei der Gestaltung des Vergleichs allerdings nicht völlig frei. Er ist stets der Massemehrung verpflichtet. Insolvenzzweckwidrige Vergleiche, die er schließt, also Vergleiche, welche dem Zweck des Insolvenzverfahrens - der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger - klar und eindeutig zuwiderlaufen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 172/11, NZI 2013, 347 Rn. 8), sind unwirksam (BAG, aaO Rn. 20; HKInsO/Kayser, aaO). Ist der Vergleich für die Masse nur ungünstig, aber noch nicht insolvenzzweckwidrig, ist er wirksam. In diesem Fall ist der Gläubiger der Gesellschafter indes nicht völlig schutzlos gestellt. Er kann, wenn die weiteren haftungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, den Insolvenzverwalter nach § 60 InsO auf Schadensersatz in Anspruch nehmen (vgl. Lüke in Kübler/ Prütting/Bork, InsO, 2014, § 93 Rn. 53).

cc) Dass der Insolvenzverwalter sich über jede angemeldete Forderung vergleichen kann, sei sie zur Tabelle festgestellt oder aber von ihm oder einem Gläubiger bestritten, bedeutet nicht, dass er sich über jede Forderung vergleichen muss. Er kann sich auch, um etwa eine teure Beweisaufnahme oder einen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden, nur über einzelne Haftungsforderungen mit den Gesellschaftern vergleichen, wenn diese etwa die der geltend gemachten Haftungsforderung zugrundeliegende Insolvenzforderung oder aber die Haftungsfrage bestreiten oder geltend machen, der verlangte Betrag sei zur Gläubigerbefriedigung nicht erforderlich (vgl. Jaeger/Müller, InsO, § 93 Rn. 57 ff, insbesondere Rn. 58, und MünchKomm-ZPO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 93 Rn. 31 zu der Frage, wann der Gesellschafter nach § 129 Abs. 1 HGB das Recht verliert, Einwendungen der Gesellschaft geltend zu machen).

Um einen solchen, einzelne Forderungen betreffenden Vergleich ging es bei der streitgegenständlichen Vereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und den Beklagten nicht. Vielmehr richteten sich die Beträge, die die Beklagten an den Insolvenzverwalter nach § 93 InsO, § 128 HGB zahlen sollten, hauptsächlich an ihren finanziellen Möglichkeiten aus. In einem solchen Fall bietet sich regelmäßig die Aufstellung eines Insolvenzplans an, weil nach § 227 Abs. 2 InsO, soweit im Plan nichts anderes vorgesehen ist, sich die Erlassfunktion des § 227 Abs. 1 InsO auch auf die Haftung des persönlich haftenden Gesellschafters für diese Verbindlichkeiten erstreckt. Dies folgt, weil es an einer abweichenden gesetzlichen Bestimmung wie in § 254 Abs. 2 InsO fehlt, auch ohne die Anordnung nach § 227 Abs. 2 InsO schon aus der Akzessorietät zwischen persönlicher Haftung des Gesellschafters und Gesellschaftsverbindlichkeit, weil die Schuldnerin nach § 227 Abs. 1 InsO mit der im gestaltenden Teil vorgesehenen Befriedigung der Insolvenzgläubiger von ihren restlichen Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern frei wird (MünchKomm-InsO/Breuer, 3. Aufl., § 227 Rn. 13). Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen auch gegenüber den Insolvenzgläubigern ein, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 254 Abs. 1, § 254b InsO).

Der Insolvenzverwalter hat aber auch die Möglichkeit, sich mit den Gesellschaftern über deren Haftung zu vergleichen, soweit seine Einziehungsermächtigung reicht und ein solcher Vergleich nicht insolvenzzweckwidrig ist. Das hat jedoch zur Folge, dass die Gesellschafter nicht von der Haftung gegenüber solchen Insolvenzgläubigern befreit werden, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, weil der Insolvenzverwalter insoweit nicht einzugsermächtigt ist. Darüber hinaus wird ein Insolvenzverwalter sich regelmäßig nicht über die Haftung hinsichtlich solcher Forderungen vergleichen wollen, die er bestreitet. Denn er verhielte sich regelmäßig widersprüchlich, wenn er sich über Haftungsforderungen gegen die Gesellschafter vergleicht, die Forderungen der Gläubiger gegen die Gesellschaft, die Grundlage des nämlichen Haftungsanspruchs sind, aber bestreitet. In einem solchen Fall würde er nämlich die Haftungsforderung in Höhe des Vergleichsbetrages zu Gunsten der beteiligten Gläubiger zur (Sonder-)Masse ziehen, den Gläubiger an den Ausschüttungen aber nicht beteiligen (§ 189 InsO). Dieser müsste gleichwohl die Verfügung des Insolvenzverwalters über die Haftungsforderung durch Teileinziehung und Teilerlass auch außerhalb des Insolvenzverfahrens gegen sich gelten lassen. Ein solches Verhalten kann gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen und den Insolvenzverwalter möglicherweise einer Haftung nach § 60 InsO aussetzen.

Auch um solche Widersprüche zu vermeiden, sollte der Insolvenzverwalter, wenn er mit den Gesellschaftern - wie hier - einen Abfindungsvergleich schließt, die Insolvenz- und Haftungsforderungen benennen, die in den Vergleich einbezogen werden sollen. Das ist schon deswegen von Bedeutung, weil der Vergleich wegen fehlender Bestimmtheit keine Wirkungen entfaltet, wenn sich nicht ermitteln lässt, welche Forderungen verglichen werden sollten. Es bietet sich auch an, wenn der Insolvenzverwalter die Haftungsforderungen hinsichtlich sämtlicher angemeldeten, auch der bestrittenen, Forderungen vergleichen will, weil sonst die Gesellschafter zu freiwilligen Zahlungen nicht bereit sind, schon um seine eigene Haftung sicher auszuschließen, dass er die Gläubiger bestrittener Forderungen auf den Verlust der Haftungsforderung auch außerhalb des Insolvenzverfahrens und ihre Nichtteilnahme an der Verteilung hinweist, wenn sie nicht die Tabellenfeststellung gegen den Bestreitenden nach § 179 Abs. 1 InsO betreiben.

2. Mit der Reichweite des abgeschlossenen Vergleichs hat sich das Berufungsgericht nicht befasst. Es hätte durch Auslegung den Inhalt der von der Gläubigerversammlung genehmigten Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern der Schuldnerin und dem Insolvenzverwalter vom 5. März 2004 ermitteln und das gefundene Auslegungsergebnis begründen müssen. Die gesetzlichen Auslegungsvorschriften der §§ 133, 157 BGB verlangen nicht nur, dass der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend würdigt, sondern außerdem, dass er seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darlegt und zumindest die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Auslegung sprechenden Umstände in ihrer Bedeutung für das Auslegungsergebnis erörtert und gegeneinander abwägt (BGH, Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 18/14, NJW 2015, 1246 Rn. 10 mwN).

a) Die Beschlüsse des Berufungsgerichts entsprechen diesen Anforderungen nicht; sie leiden deswegen an einem rechtlichen Mangel und binden das Revisionsgericht im Hinblick auf die Auslegung der Vereinbarung nicht. Zwar hat das Berufungsgericht angenommen, dass durch die Vereinbarung auch die klägerische Forderung abgegolten werden sollte. Diese Annahme hat es jedoch nicht begründet. Auf eine Begründung konnte schon deswegen nicht verzichtet werden, weil dem Wortlaut der Vereinbarung, aber auch den übrigen Stellungnahmen im Insolvenzverfahren nicht entnommen werden kann, welche Haftungsforderungen von der Vereinbarung umfasst sein sollten. Die Begleitumstände sprechen eher gegen die Annahme, dass die klägerische Haftungsforderung, der eine später bestrittene Insolvenzforderung zugrunde lag, mitverglichen werden sollte. Im Zeitpunkt, in dem die Vereinbarung aufgesetzt worden war, war das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin noch nicht eröffnet und die Beteiligten konnten deswegen nicht wissen, welche Forderungen angemeldet und bestritten werden würden. Während des laufenden Insolvenzverfahrens und auch zu dem Zeitpunkt, als die Gläubigerversammlung der Vereinbarung zustimmte, haben die Beteiligten die Vereinbarung nicht konkretisiert. Ausweislich des Protokolls zu der streitgegenständlichen Vereinbarung haben die Gesellschafter den Insolvenzverwalter gebeten, mit den weiteren nicht an der Besprechung beteiligten Gläubigern eine Regelung zu treffen, so dass keine weitere Haftung gegenüber den Gesellschaftern mehr geltend gemacht werde. Dass es zu einer solchen Vereinbarung gekommen ist, ist ebenso wenig festgestellt wie der Wille der Vertragsschließenden.

b) Eine eigene Auslegung ist dem Senat nicht möglich, weil es an ausreichenden Feststellungen zur Auslegung der Vereinbarung fehlt. Weiter haben sich die Beklagten für ihren streitigen Vortrag, der Insolvenzverwalter der Gesellschaft und sie hätten gerade auch die Haftungsforderung des Klägers vergleichen wollen und verglichen, auf das Zeugnis des Insolvenzverwalters berufen. Dieser Beweis ist bislang noch nicht erhoben worden.

III. 1. Der angefochtene Beschluss kann folglich keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird zu prüfen haben, ob der Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin sich mit den Gesellschaftern dahin verglichen hat, dass selbst von ihm bestrittene Forderungen von der streitgegenständlichen Vereinbarung umfasst sein sollten, und in welcher Höhe Zahlungsansprüche des Klägers gegen die Schuldnerin bestanden und noch bestehen und ob diese Ansprüche zwischenzeitlich verjährt sind und die Beklagten sich auf die Verjährung berufen können.

2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin: Die Gesellschafter können sich gegenüber dem Kläger entsprechend § 129 Abs. 1 HGB auf Verjährung nicht berufen, wenn die klägerischen Forderungen gegen die Schuldnerin noch nicht verjährt sind oder aber, sollten die Ansprüche gegen die Schuldnerin verjährt sein, die Haftungsansprüche gegenüber den Gesellschaftern rechtzeitig geltend gemacht worden sind.

a) Ob und welche Forderungen des Klägers gegen die Gesellschaft verjährt sind, hängt unter anderem von der Frage ab, welche Forderungen er gegen die Gesellschaft am 6. Juli 2001 wirksam hat titulieren lassen (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1993 - IX ZR 244/92, BGHZ 124, 164; vom 21. Oktober 2008 - XI ZR 466/07, NJW 2009, 56 Rn. 17; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 204 Rn. 55). Die Frage, ob die Verjährung der Ansprüche des Klägers gegen die Schuldnerin durch die gerichtliche Geltendmachung der Haftungsansprüche gegen die Gesellschafter gehemmt worden ist (vgl. Baumbach/ Hopt/Roth, HGB, 36. Aufl., § 129 Rn. 2), ist unerheblich. Jedenfalls dürfen sich die Beklagten als in Anspruch genommene persönlich haftende Gesellschafter auf die der Gesellschaft erwachsene Einrede der Verjährung nicht berufen, wenn die Verjährung ihnen selbst gegenüber rechtzeitig gehemmt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 1988 - X ZR 64/87, BGHZ 104, 76, 81 f).

b) Ein Verfahrensstillstand im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB ist nicht mit dem Beschluss des Landgerichts vom 29. Januar 2004 oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 16. März 2004 eingetreten, weil den Parteien nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, sie hätten die zur Förderung des Verfahrens notwendigen Handlungen nicht vorgenommen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, ZIP 2013, 374 Rn. 37). Wenn ein Prozess nach §§ 239 bis 245 ZPO unterbrochen wird, etwa weil über das Vermögen einer Partei das Insolvenzverfahren eröffnet wird, beruht der Stillstand nicht darauf, dass die Parteien das Verfahren nicht betrieben hätten. Diese haben vielmehr keinen Einfluss auf das weitere Verfahren, solange das Insolvenzverfahren andauert. Deswegen fällt die Unterbrechung, die auf einer gesetzlichen Regelung beruht, nicht unter § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB (RGZ 72, 185, 187; 145, 239, 240; BGH, Urteil vom 2. Juli 1963 - VI ZR 299/62, NJW 1963, 2019). Nichts anderes gilt für die Unterbrechung des Prozesses eines Gesellschaftsgläubigers gegen den Gesellschafter entsprechend § 17 AnfG; denn auch in diesem Fall ist der Verfahrensstillstand dem Einfluss der Parteien entzogen.

Etwas Anderes gilt hier nicht ausnahmsweise deswegen, weil das Landgericht die Unterbrechung fehlerhaft unter Berufung auf eine nicht zutreffende Vorschrift und auf ein nicht die richtige Gesellschaft betreffendes Insolvenzverfahren festgestellt hat. Durch den unzutreffenden, keine Unterbrechungswirkungen entfaltenden Beschluss ist das Verfahren nicht dadurch in Stillstand geraten, weil der Kläger es nicht betrieben hätte, sondern aufgrund eines fehlerhaften Beschlusses des Landgerichts. Nachdem der Haftungsprozess durch die spätere Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin unabhängig von der Kenntnis der Beteiligten und einem feststellenden Beschluss durch das Gericht unterbrochen worden ist, beruht auch der insoweit eintretende Verfahrensstillstand nicht auf einem Verhalten des Klägers.

c) Mit dem Fortfall ihres Grundes endet die Unterbrechung ohne weiteres. Lässt ein Kläger den Prozess auch dann noch liegen, ist nunmehr das Ereignis eingetreten, das der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB entspricht, weil der Verfahrensstillstand jetzt auf seiner Untätigkeit beruht (vgl. RGZ 72, 185, 187; BGH, Urteil vom 24. Januar 1989 - XI ZR 75/88, BGHZ 106, 295, 298; Staudinger/ Peters/Jacoby, BGB, 2014, § 204 Rn. 123). Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft am 11. März 2010 konnte der Kläger den Rechtsstreit gegen die beklagten Gesellschafter analog § 18 Abs. 1 AnfG wieder aufnehmen. Nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endete deswegen die Hemmung der Verjährung sechs Monate nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft.