Vollstreckung in das Grundstück einer GbR

BGH, Beschl. v. 19.11.2015, V ZB 201/14
Leitsatz:
Bei der Vollstreckung in das Grundstück einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten die (noch) im Grundbuch eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter grundsätzlich auch dann in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1 , § 1192 Abs. 1 BGB als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn diese durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters aufgelöst worden ist (im Anschluss an Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10 , BGHZ 187, 344 ff. ; Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 253/10 , NJW 2011, 1449 ff.). (amtlicher Leitsatz)

Gründe:
I. Im Jahr 1987 erwarben W. T., K. T., C. T. und M. T. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts das im Eingang dieses Beschlusses genannte Grundstück. Mit Urkunde vom 2. Oktober 1987 bestellten die genannten Gesellschafter eine Grundschuld in Höhe von 975.000,- DM zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 2 (Gläubigerin) und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise, dass die Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigentümer zulässig ist. K. T. verstarb im Jahr 2009 und wurde von M. T. beerbt. Besondere Vereinbarungen hatten die Gesellschafter für die GbR nicht getroffen.

Als Eigentümer des Grundstücks sind derzeit K. T., C. T. und M. T. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Grundbuch eingetragen. Im Jahr 2013 wurde die Vollstreckungsklausel auf die jetzige Gläubigerin umgeschrieben und unter Aufrechterhaltung der persönlichen Haftung gegen die aus K. T., C. T. und M. T. bestehende GbR erteilt. Antragsgemäß ordnete das Amtsgericht die Zwangsversteigerung des Grundstücks mit Beschluss vom 9. April 2014 wegen der dinglichen Ansprüche aus der Grundschuld zunächst an, stellte sie aber mit Beschluss vom 17. April 2014 gemäß § 28 ZVG unter Hinweis auf die Auflösung der GbR durch den Tod von K. T. wieder ein.

Mit Beschluss vom 31. Juli 2014 hat das Amtsgericht den Einstellungsbeschluss vom 17. April 2014 auf die Erinnerung der Gläubigerin aufgehoben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der GbR (Schuldnerin) hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die Schuldnerin die Zurückweisung der Erinnerung erreichen. Die Gläubigerin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II. Das Landgericht verneint ein Vollstreckungshindernis im Sinne von § 28 ZVG. Obwohl der Titel die bereits verstorbene K. T. als Gesellschafterin aufführe, müsse er nicht analog § 727 ZPO auf die jetzigen Gesellschafter umgeschrieben und diesen zugestellt werden. Da das Grundbuch noch nicht berichtigt worden sei, stimme der in der Vollstreckungsklausel aufgeführte Gesellschafterbestand mit den im Grundbuch aufgeführten Gesellschaftern überein. Die eingetragenen Gesellschafter gälten in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB im Verhältnis zu der Gläubigerin als Gesellschafter der Schuldnerin. Hieran ändere die durch den Tod von K. T. gemäß § 727 Abs. 1 BGB eingetretene Auflösung der GbR nichts. Als Liquidationsgesellschaft sei diese weiterhin existent (§ 730 Abs. 2 BGB). Eine vollständige Auseinandersetzung und Abwicklung sei noch nicht erfolgt.

III. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zu Recht nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsversteigerung bei Erlass des Anordnungsbeschlusses vorgelegen haben.

a) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, ist der Antrag der Gläubigerin auf Anordnung der Zwangsversteigerung nicht gegen die Gesellschafter C. T. und M. T., sondern ausdrücklich gegen die GbR gerichtet; die Gläubigerin hat lediglich bezogen auf die zu dieser gehörenden Gesellschafter mitgeteilt, dass K. T. verstorben sei.

b) Die Grundschuldbestellungsurkunde vom 2. Oktober 1987 erlaubt die Vollstreckung in das Vermögen der GbR als Schuldnerin. Die Grundschuld, die die Schuldnerin darin der Gläubigerin bestellt hat, ist nach § 800 ZPO vollstreckbar. Ob die erforderliche Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in den belasteten Grundbesitz von der Schuldnerin als Verband oder von den für sie handelnden (sämtlichen) Gesellschaftern persönlich erklärt worden ist, ist ohne Bedeutung. Die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ist auch auf Grund einer durch diese persönlich erklärten Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen möglich (näher Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 6 mwN).

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedarf es einer Rechtsnachfolgeklausel aufgrund des Todes von K. T. nicht.

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats gelten bei der Vollstreckung in das Grundstück einer GbR in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB die eingetragenen Gesellschafter zugunsten des Gläubigers als Gesellschafter der Schuldnerin, wenn ein Gesellschafterwechsel noch nicht in das Grundbuch eingetragen worden ist. Einer Rechtsnachfolgeklausel analog § 727 ZPO bedarf es nicht, wenn die in dem Titel aufgeführten Gesellschafter der GbR bei Anordnung der Zwangsversteigerung mit den im Grundbuch eingetragenen Gesellschaftern übereinstimmen (näher zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Dezember 2010 - V ZB 84/10, BGHZ 187, 344 Rn. 21; Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 14 ff.). Dies hat der Senat jedenfalls unter der Voraussetzung angenommen, dass die GbR weiterhin besteht (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 16, 18 a.E.).

bb) Die (noch) im Grundbuch eingetragenen (bisherigen) Gesellschafter gelten grundsätzlich auch dann in entsprechender Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 1 BGB als Gesellschafter der Schulderin, wenn diese durch den Tod eines eingetragenen Gesellschafters gemäß § 727 Abs. 1 BGB aufgelöst worden ist.

(1) Die Folgen einer Auflösung der GbR gemäß § 727 Abs. 1 BGB richten sich nach den §§ 730 ff. BGB. Gemäß § 730 Abs. 2 Satz 1 BGB gilt die Gesellschaft bis zum Abschluss der Liquidation als fortbestehend. Entgegen dem Wortlaut der Norm handelt es sich nicht lediglich um eine Fiktion (Henssler/Strohn/Kilian, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., § 730 BGB Rn. 6; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 730 Rn. 1). Vielmehr bewahrt die Gesellschaft ihre Identität in personen- und vermögensrechtlicher Hinsicht. Auch ihre Rechtsfähigkeit als Außengesellschaft besteht unverändert fort (MüKoBGB-Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 24). Lediglich der Gesellschaftszweck verändert sich, da er nunmehr auf Auseinandersetzung gerichtet ist (vgl. Senat, Urteil vom 8. März 1966 - V ZR 32/64, WM 1966, 639, 640). Im Verhältnis zu Dritten treten deshalb, abgesehen von den Auswirkungen auf Geschäftsführung und Vertretung, keine Änderungen durch die Auflösung ein (vgl. MüKoBGBSchäfer, 6. Aufl., § 730 Rn. 24; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 730 Rn. 18).

(2) Da die GbR fortbesteht, verändern sich die Anforderungen an den Nachweis ihrer Identität nicht. Es geht nicht um den Nachweis ihrer Existenz; nur insoweit hat der Senat die entsprechende Anwendung von § 1148 Satz 1, § 1192 Abs. 2 BGB zugunsten des Gläubigers als zweifelhaft bezeichnet, ohne dies jedoch abschließend zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 16, 18 a.E.).

(3) Daran gemessen ist hier die Identität der Gesellschaft nachgewiesen, weil der aus dem Grundbuch ersichtliche Gesellschafterbestand mit demjenigen übereinstimmt, der aus dem Titel hervorgeht, und zwei Gesellschafter verblieben sind. Wie es sich bei einer nur aus zwei Personen bestehenden GbR verhielte, wenn der verstorbene von dem verbliebenen Gesellschafter beerbt wird und infolgedessen die Gesellschaft beendet wird (vgl. Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 253/10, NJW 2011, 1449 Rn. 13; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 727 Rn. 1), bedarf keiner Entscheidung; dies gilt auch für die Frage, wie zu verfahren wäre, wenn das Grundbuch den früheren und der Titel den aktuellen Gesellschafterbestand auswiese (offen gelassen in dem Beschluss des Senats vom 23. Oktober 2013 - V ZB 166/11, [...]).

2. Ohne Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde ferner, dass der am 30. September 2013 auf die Gläubigerin umgeschriebene Titel nicht gemäß § 750 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die Zustellung ist an C. T. sowie an M. T. erfolgt, der zugleich Gesamtrechtsnachfolger von K. T. ist. Mangels besonderer vertraglicher Vereinbarungen waren sowohl vor (§ 709 Satz 1 BGB) als auch nach der Auflösung (§ 730 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB) der GbR alle Gesellschafter geschäftsführungsbefugt. Infolgedessen genügte gemäß § 170 Abs. 3 ZPO jedenfalls die Zustellung an M. T. (vgl. Senat, Beschluss vom 6. April 2006 - V ZB 158/05, DNotZ 2006, 777, 778).

3. Aus denselben Gründen ist auch der Anordnungsbeschluss wirksam zugestellt worden.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Diese Norm ist hier anwendbar, weil sich die Beteiligten bei dem Streit um die Fortsetzung der Zwangsversteigerung ähnlich wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüberstehen (Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 8).