Eintragung einer Zwangshypothek für eine GbR erfordert den Ausweis aller Gesellschafter im Titel

OLG München, Beschluss v. 09.06.2015, 34 Wx 157/15
Leitsatz:
1. Zur Zulässigkeit einer nur mit Verfahrensfehlern begründeten Grundbuchbeschwerde.

2. Beinhaltet der Vollstreckungstitel als Gläubigerin eine GbR, ohne (zweifelsfrei) sämtliche Gesellschafter auszuweisen, eignet sich dieser nicht zur Eintragung einer Zwangshypothek. Weil es häufig absehbar sein dürfte, dass die Behebung des Mangels durch Titelberichtigung im Erkenntnisverfahren in angemessener Frist nicht möglich ist, wird es meist ermessensfehlerfrei sein, nach entsprechender Gehörsgewährung den Eintragungsantrag ohne Zwischenverfügung zurückzuweisen. (amtlicher Leitsatz)

Gründe:
I. Die Beteiligte ist eine GbR. Sie erwirkte gegen ihren Schuldner gerichtliche Titel, nämlich

a) Teil-Versäumnisurteil des AG R. vom 11.12.2013 über 3.996,66 € Hauptsache,

b) Versäumnisurteil des AG L. vom 27.1.2014 über 3.403,08 € Hauptsache.

Die Titel weisen als Klägerin aus: a) Immobilien B. GbR, vertreten durch d. vertretungsber. Gesellschafter T.B., A.S. und E.B. (Anschrift, Geschäftszeichen); b) Immobilien B. GbR, vertreten durch d. vertretungsber. Gesellschafter T.B. u.a. (Anschrift).

Mit Schriftsatz vom 24.2.2014 beantragte die Beteiligte, auf dem Grundstück des Schuldners eine Sicherungshypothek (§§ 866, 867 ZPO) über 8.076,24 € gemäß Forderungsaufstellung einzutragen, und legte hierzu vollstreckbare Ausfertigungen von Versäumnis- bzw. Teilversäumnisurteil mit jeweiligem Zustellvermerk vor. Das Grundbuchamt traf am 2.3.2015 eine – ausdrücklich als nicht rangwahrend bezeichnete – Aufklärungsverfügung folgenden (wesentlichen) Inhalts:

a) Die Berechtigte der Zwangshypothek könne nicht eingetragen werden, weil die beiden Titel die Gesellschafter der GbR nicht, jedenfalls nicht vollständig nennen. Verfahrensrechtlich notwendig sei aber gerade auch die Eintragung der (aller) Gesellschafter. Der (jeweilige) Titel sei zu ergänzen (§ 319 ZPO; § 15 GBV). Bei nachträglichem Gesellschafterwechsel komme eine Titelumschreibung analog § 727 ZPO in Betracht.

b) Zinsen könnten nicht der Hauptforderung zugeschlagen werden, wenn und soweit sie nicht im Titel selbst kapitalisiert worden seien. Die zur Eintragung beantragte Gesamtvollstreckungsforderung sei daher neu zu berechnen.

c) Die Bevollmächtigung der vertretenden Rechtsanwälte für die Antragstellung sei nachzuweisen; aus den Titeln ergebe sich eine solche nicht.

Am 2.4.2015 ging beim Grundbuchamt ein weiterer, dasselbe Grundstück betreffender Vollzugsantrag ein, der (u.a.) die Eintragung einer Eigentumsvormerkung zum Gegenstand hatte. Diese wurde am 10.4.2015 im Grundbuch (II/4) eingetragen.

Vor Ablauf der bis 13.4.2015 gesetzten Frist hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 9.4.2015 den Antrag kostenfällig zurückgewiesen. Die Vollstreckungsmängel seien nicht zeitnah behoben worden. Zwischenzeitlich seien weitere vollzugsfähige und dasselbe Recht betreffende Anträge eingegangen. Der Antrag sei daher durch Zurückweisung zu erledigen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.

1. Gegen die Entscheidung des Grundbuchamts, den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek als Vollstreckungsmaßnahme im Grundbuch zurückzuweisen, ist die unbefristete Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1, § 73 GBO gegeben (Zöller/Stöber, ZPO, § 867 Rz. 24 m.w. N.). Von der Vollmacht des Rechtsanwalts, die Beschwerde für die beteiligte Gläubigerin einzulegen, ist auszugehen (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1, § 11 FamFG).

2. Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten erscheint indessen nicht zweifelsfrei. Denn es genügt nicht allein, dass deren Eintragungsantrag zurückgewiesen wurde (vgl. Budde, in: Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 71 Rz. 61 und 62). Notwendig ist vielmehr eine materielle Beschwer (Budde, ebd., § 71 Rz. 62). Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Beschwerde gerade – und unmittelbar – dem Ziel dient, den Antrag zu verwirklichen (vgl. Kramer, in: Hügel, GBO, 2. Aufl., § 71 Rz. 199). Grundsätzlich folgt aus dem hier unzweifelhaft gegebenen Antragsrecht (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GBO) auch ein Beschwerderecht (Demharter, GBO, § 71 Rz. 63; Kramer, ebd., § 71 Rz. 192). Doch werden hier mit der Rechtsmittelbegründung nur Verfahrensfehler geltend gemacht, nämlich die ungenügende Gewährung rechtlichen Gehörs durch vorzeitige Zurückweisung des Antrags sowie die unrichtige Anwendung von § 17 GBO. Derartige Mängel allein dürften auch im Grundbuchverfahren den gerichtlichen Instanzenzug nicht eröffnen (vgl. Budde, ebd., § 71 Rz. 63). Selbst wenn der Beschwerdesenat solche Verstöße bejahen würde, hätte dies nur zur Folge, dass die Beteiligte in den Verfahrensstand vor der Zurückweisung ihres Eintragungsantrags zurückversetzt würde. Eine Rangwahrung käme dem nicht zu; denn ein Aufklärungshinweis entsprechend § 139 ZPO, der vor Zurückweisung der Gehörsgewährung dient, ist anders als die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO nicht rangwahrend (zu allem BayObLG Rpfleger 2005, 250, 251; Zöller/Stöber, a. a. O., § 867 Rz. 4). Es spielt dann im Ergebnis auch keine Rolle, ob das Grundbuchamt sich für die verfahrensmäßige Rangfolge der Behandlung zu Recht auf § 17 GBO stützt (verneinend Zeiser, in: Hügel, GBO, 2. Aufl., § 17 Rz. 5 und 30, § 18 Rz. 39) und ob der Senatsentscheidung vom 29.1.2009 (34 Wx 116/08, FGPrax 2009, 103) derartiges zu entnehmen ist. Dann verbleibt als „Beschwer“ aber nur noch die mit der Antragszurückweisung verbundene negative Kostenfolge (vgl. § 22 Abs. 1 GNotKG). Namentlich stände einem erneuten Antrag der Beteiligten keine Rechtskraft der ersten Zurückweisung entgegen. Allein die mit der – wenn auch verfahrensfehlerhaften – Antragszurückweisung verbundene Kostenbelastung würde die Zulässigkeit des Rechtsmittels aber nicht begründen können (BayObLGZ 1994, 115, 117; Budde, a. a. O., § 71 Rz. 62; Schmidt-Räntsch, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 71 Rz. 116; s.a. BGHZ 162, 137).

Diese Rechtsansicht ist allerdings nicht gänzlich unbestritten. So wird die Meinung vertreten, die Beschwerde könne allein auch auf einen Verfahrensfehler gestützt werden wie etwa die nicht gegebene Möglichkeit, einen Antrag zurückzunehmen, aus dem Interesse, die Kosten zu minimieren (BayObLGZ 1979, 81, 84; Kramer, a. a. O., § 71 Rz. 120). Letztlich dürfte für die Zulässigkeit der gegenständlichen Beschwerde aber sprechen, dass das Grundbuchverfahren eine Beschwerdebegründung nicht erfordert (vgl. § 74 GBO; Demharter, a. a. O., § 74 Rz. 9; Kramer, a. a. O., § 74 Rz. 13; Budde, a. a. O., § 74 Rz. 1). Eine auf Einzelpunkte – etwa Verfahrensaspekte – beschränkte Begründung erlaubt deshalb in der Regel nicht den Schluss, der Rechtsmittelführer wolle seine Beschwerde auch inhaltlich allein auf diese beschränken und nicht doch noch durch das Rechtsmittel seine materielle Beschwer beseitigt wissen.

3. Bejaht man deshalb die Zulässigkeit der Beschwerde, so erweist sie sich im Ergebnis als unbegründet. Denn auch auf der gegenwärtigen, für das Beschwerdegericht maßgeblichen Tatsachengrundlage (s. BayObLG NJW-RR 2001, 1654; Kramer, a. a. O., § 74 Rz. 16) verbleibt es bei der Zurückweisung des Antrags.

a) Soweit die Beteiligte die fehlende Einhaltung der ihr mit der Aufklärungsverfügung vom 2.3.2015 gesetzten Frist rügt, ist dieser Mangel nicht ursächlich, weil die Beteiligte selbst in der beantragten Verlängerung der Behebungsfrist bis zum 26.5.2015 die angeforderten Unterlagen nicht beigebracht hat. Auch bei „Offenhaltung“ des älteren Antrags läge Vollzugsreife nicht vor.

b) Der Senat kann dazu auf die Begründung des angegriffenen Beschlusses sowie ergänzend auf seine Entscheidung vom 30.9.2011 (34 Wx 418/11, Rpfleger 2012, 140) verweisen. Zusammenfassend ist dort ausgeführt, dass sich ein Vollstreckungstitel für die GbR nicht zur Eintragung einer Zwangshypothek eignet, wenn er nicht auch deren (alle) Gesellschafter ausweist. Das folgt aus der Notwendigkeit ihrer Eintragung im Grundbuch (§ 47 Abs. 2 GBO; s. Demharter, a. a. O., § 47 Rz. 29). Als grundbuchrechtliches Eintragungshindernis kommt eine rangwahrende Zwischenverfügung bei einem insofern ungenügenden Titel zwar in Frage, scheitert aber nicht selten daran, dass die Behebung in angemessener Frist nicht möglich erscheint. Dies ist auch im gegebenen Fall so. Denn im Anschluss an die am 9.3.2015 förmlich übermittelte Aufklärungsverfügung sind mittlerweile nahezu drei Monate vergangen, ohne dass entsprechend ergänzte Titel vorgelegt wurden. Die durch die offensichtlichen Nachweisprobleme vorhandene Schwierigkeit für den Gläubiger, sich in angemessener Zeit einen für die Grundbucheintragung geeigneten Titel zu beschaffen – hier geht es gar um zwei Titel unterschiedlicher Gerichte –, steht im Allgemeinen einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO entgegen. Es dürfte deshalb meist ermessensfehlerfrei sein, nach entsprechender – formloser – Gehörsgewährung den Eintragungsantrag zurückzuweisen. Jedenfalls aktuell erscheint eine Zwischenverfügung, sei es durch den Senat, sei es durch das Grundbuchamt, nicht mehr angemessen. Zudem hat das Grundbuchamt zutreffend auch ein vollstreckungsrechtliches Hindernis, nämlich die Einrechnung kapitalisierter Zinsen in die Hauptsache, angenommen. Nach der zitierten Entscheidung des Senats ist dies nicht zulässig (s. ergänzend auch Senat v. 30.9.2011 – 34 Wx 356/11, Rpfleger 2012, 138; ferner OLG Nürnberg v. 10.4.2014 – 15 W 665/14, juris). Behoben ist dieser Mangel nach dem aktuellen Aktenstand ebenfalls immer noch nicht, wie auch ein Nachweis geltend gemachter Kosten für die Erholung eines Grundbuchauszugs fehlt.

c) Dass der begehrten Eintragung der fehlende Vollmachtsnachweis in schriftlicher Form nicht entgegengestanden hätte – vertreten lässt sich die Gläubigerin durch einen Rechtsanwalt; insoweit gilt für das Vollstreckungsverfahren § 88 Abs. 2 ZPO (BGH v. 26.2.2015 – V ZB 30/14, juris Rz. 28; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 2166; Zöller/Stöber, a. a. O., § 867 Rz. 2; Hügel/Wilsch, Zwangssicherungshypothek Rz. 4) und eine Aufführung im Vollstreckungstitel selbst ist nicht geboten –, erwiese sich bei dieser Sachlage als unerheblich.