Kein Kündigungsrecht der Sparkasse nach dem Darlehensrecht des BGB

LG Ulm, Urteil v. 26.01.2015, 4 O 273/13 (nicht rechtskräftig)
Leitsatz:
1. Kommt Sparkassenkunde mit dem Wunsch, einen S-Scala-Vertrag abschließen zu wollen, und nimmt die Sparkasse dieses Angebot an, ohne dass die Parteien über einzelne vertragliche Regelungen gesprochen haben, hat der Kunde die der Sparkasse bekannte Werbeaussage zur Grundlage seines Angebots gemacht.

2. Eine Sparkasse kann den mit ihr abgeschlossenen „S-Scala“-Ratensparvertrag nicht mit Hinweis auf das historische Niedrigzinsniveau kündigen.

Tatbestand:
Der Kläger hatte im Jahr 2004 zusammen mit seiner Ehefrau mit der beklagten Sparkasse einen „Vorsorgesparen S-Scala“-Ratensparvertrag auf ein Sparbuch mit 25-jähriger Mindestlaufzeit abgeschlossen. Der Vertrag sah keine Angaben zur Zinshöhe vor. In einer Anlage zum Sparvertrag war die quartalsmäßige Anpassung des Basiszinssatzes an einen Referenzzinssatz vorgesehen.

In einem zur Zeit des Vertragsabschlusses herausgegebenen Werbeflyer der Sparkasse wurde der „S-Scala“-Vertrag als Ratensparvertrag „mit variabler Grundverzinsung und festen laufzeitabhängigen Bonuszinsen“ beworben. Zugleich sah der Flyer vor, dass Erhöhungen der Sparraten „bis zu 2.500 €“ und Ratensenkungen „bis zur Mindestrate von 25 €“ „selbstverständlich“ mit dem Berater „vereinbart“ werden könnten.

Im Juli 2013 verlangte der Kläger gegenüber der Beklagten eine Erhöhung der Sparrate auf 460 €. Daraufhin erhielt er von der Beklagten ein Schreiben, in dem die Beklagte u.a. geltend machte: „Wegen der besonderen Maßnahmen der Europäischen Zentralbank bewegen sich ... die Zinsen derzeit auf einem historischen Niedrigstniveau. Vor diesem Hintergrund ist es uns nicht mehr möglich, den bestehenden Vertrag fortzuführen. ...“

Mit seiner Klage verlangt der Kläger zum einen Durchführung der von ihm begehrten Ratenerhöhung auf 460 €, zum anderen Feststellung, dass 1. die Beklagte verpflichtet ist, eine vom Kläger verlangte jederzeitige Erhöhung der Sparrate auf max. 2.500 € und eine Senkung bis zum Minimalbetrag von 25 € auszuführen; 2. die Beklagte nicht berechtigt ist, den Sparvertrag vor Ablauf der 25-jährigen Mindestlaufzeit ordentlich zu kündigen. Widerklagend verlangt die Beklagte die Rückzahlung zu viel gezahlter Bonuszahlungen sowie die Anpassung bzw. Aufhebung des Sparvertrags.

Entscheidungsgründe:

Die Klage des Klägers ist zulässig und begründet (A.). Hingegen hat die Beklagte mit ihrer Widerklage und ihrer Drittwiderklage keinen Erfolg (B.).Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht geboten (C.)

A. Klage

I. Zulässigkeit

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere liegt das für die Zulässigkeit der Feststellungsklagen gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers vor.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Ein solches, über ein allgemeines Klärungsinteresse hinausgehendes Feststellungsinteresse besteht grundsätzlich, wenn dem subjektiven Recht des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass der Beklagte es ernstlich bestreitet oder er sich eines Rechts gegen den Kläger berühmt, und wenn das erstrebte Urteil in Folge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 10.10.1991, AZ: IX ZR 38/91, Rn.14 zitiert nach juris; Urteil vom 13.01.2010, AZ: VIII ZR 351/08, Rn 12 zitiert nach juris).Ein solch schutzwürdiges Interesse des Klägers an einer Feststellung liegt sowohl für den Antrag auf Feststellung der Möglichkeit der jederzeitigen Abänderung der Sparrate auf Verlangen des Klägers (1.), als auch für den Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens eines ordentlichen Kündigungsrechtes der Beklagten (2.) vor.

1. Soweit der Kläger Feststellung begehrt, dass die Beklagte auf sein Verlangen jederzeit die Erhöhung der Sparrate auf maximal 2.500,00 Euro bzw. Senkung auf mindestens 25,00 Euro auszuführen hat, liegt das Feststellungsinteresse auf der Hand, weil die Beklagte ein solches Abänderungsrecht des Klägers bestreitet und dementsprechend die vom Kläger am 22.07.2013 beantragte Erhöhung der Sparrate von 310,00 Euro auf 460,00 Euro verweigert. Entgegen der Auffassung der Beklagten entfällt das Feststellungsinteresse nicht wegen besserer Rechtsschutzmöglichkeit (vgl. dazu Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 7 a). Mit einer Leistungsklage auf Verurteilung der Beklagten zur Annahme einer bestimmten bezifferten monatlichen Sparrate würde gerade nicht rechtskräftig geklärt, ob der Kläger jederzeit und wiederholt die Sparrate zwischen 25,00 Euro und 2.500,00 Euro erhöhen oder senken kann. Die Rechtskraft der Feststellungsklage reicht somit weiter als die einer Leistungsklage auf Verurteilung der Beklagten zur Annahme einer bestimmten erhöhten oder abgesenkten Sparrate.

2. Auch soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, seinen Scala-Sparvertrag vor dem 19.01.2029 ordentlich zu kündigen, ist das erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Die Beklagte berühmt sich außergerichtlich und gerichtlich eines ordentlichen gesetzlichen Kündigungsrechts, weshalb der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der Klärung der Kündigungsfrage hat. Auf dem Hintergrund, dass die Beklagte unstreitig die Scala-Verträge nicht fortführen will, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger konkret die Kündigung ausgesprochen oder bereits angedroht hat. Außergerichtlich hat die Beklagte in dem auch an den Kläger gerichteten Rundschreiben vom September 2013 (Anlage K12, Blatt 124 d.A.) mitgeteilt, es sei ihr wegen des Niedrigzinsniveaus nicht mehr möglich, den Scala-Vertrag fortzuführen. In der dem Schreiben beigefügten „Kundeninformation zu S-Scala“ wurde darauf hingewiesen, dass für die Verträge ein dreimonatiges Kündigungsrecht gelte, was voneinander unabhängige Rechtseinschätzungen bestätigten; sie habe sich entschieden, Alternativangebote anzubieten und bitte um Vereinbarung eines persönlichen Gesprächs mit dem Kundenberater. Durch diese Äußerungen sind erhebliche Unsicherheiten über den Fortbestand der Scala-Verträge entstanden, über die auch in der Presse berichtet wurde. Für seine künftigen finanziellen Dispositionen muss der Kläger aber Klarheit über den Fortbestand des Vertrages haben. Da seit der Mitteilung der Beklagten vom September 2013, von dem sich die Beklagte nicht distanziert hat, eine ordentliche Kündigung des Vertrages durch die Beklagte vor Ablauf des 19.01.2029 im Raum steht und die Beklagte auf die Geltendmachung ihres Kündigungsrechts bislang auch nicht verbindlich verzichtet hat, hat der Kläger ein berechtigtes Interesse daran, gerichtlich das Bestehen eines ordentlichen Kündigungsrechtes vor Ablauf des 19.01.2029 klären zu lassen. Ein Zuwarten darauf, ob die Beklagte eine ordentliche Kündigung aussprechen wird, ist dem Kläger mit Blick auf zukünftige finanzielle Entscheidungen nicht zumutbar. Zwar hat die Beklagte, wie sie betont, bislang keinen Scala-Vertrag ordentlich gekündigt, und sie beteuert, dies aus heutiger Sicht auch nicht zu beabsichtigen. Dies beseitigt jedoch nicht das Feststellungsinteresse des Klägers. Die Beklagte geht vom Bestehen eines ordentlichen Kündigungsrechts aus und schließt auch eine Kündigungserklärung vor dem 19.01.2029 nicht grundsätzlich aus. Die Aufforderung des Klägervertreters im Schriftsatz vom 24.09.2014 (Seite 3, Bl. 515a d.A.) an die Beklagte, verbindlich zu erklären, dass sie von einem ordentlichen Kündigungsrecht vor dem 19.01.2029 keinen Gebrauch machen wird, beantwortete die Beklagte im Schriftsatz vom 31.10.2014, Seite 8 (Bl. 562 d.A.) lediglich mit dem Hinweis, der Kläger könne keine geschäftspolitische Entscheidung erzwingen. Der Kläger kann also nicht sicher davon ausgehen, dass sein Vertrag bis 19.01.2029 nicht gekündigt wird. Wie sich aus vorliegendem Verfahren, insbesondere aus der Widerklage, ergibt, besteht nach wie vor die konkrete Gefahr eines (nach Ansicht der Beklagten möglichen) Kündigungsausspruchs, weil sich die Beklagte von dem ursprünglichen Vertrag lösen, ihn aufheben oder hilfsweise abändern will. Über den Fortbestand des ursprünglich geschlossenen Vertrags besteht also nach wie vor in allen denkbaren Richtungen, auch in Bezug auf ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten vor dem 19.01.2029, Unsicherheit. Auf diesem Hintergrund kommt es nicht weiter darauf an, ob die Zeugin F. in dem Gespräch mit dem Kläger eine Kündigung angedroht hat. Ihre Vernehmung war daher entbehrlich.

II. Begründetheit

Die Klage ist vollumfänglich begründet. Der aktivlegitimierte Kläger (1.) hat Anspruch auf Erhöhung seiner Sparrate von 310,00 Euro auf 460,00 Euro rückwirkend seit 22.07.2013 sowie auf Feststellung, dass er jederzeit die Erhöhung und Absenkung der Sparrate zwischen 25,00 Euro und 2.500,00 Euro verlangen kann. Die Ansprüche ergeben sich aus dem vereinbarten S-Scala-Vertrag (2.).Die Klage auf Feststellung, dass die Beklagte den Vertrag nicht vor Ablauf des 19.01.2029 ordentlich kündigen kann, ist ebenfalls begründet (3.). Der Beklagten steht bis zum 19.01.2029 weder ein vertragliches noch ein gesetzliches ordentliches Kündigungsrecht zu.

1. Der Kläger ist zur Erhebung der streitgegenständlichen Klagen aktivlegitimiert.

Zwar hat er den streitgegenständlichen Scala-Sparvertrag zusammen mit seiner Ehefrau, der Drittwiderbeklagten, als „Oder-Konto“ abgeschlossen, die Klage aber nur im eigenen Namen erhoben. Die Drittwiderbeklagte hat jedoch mit schriftlicher Erklärung vom 05.12.2013 (Anlage K6, Bl. 71 d.A.) dem Kläger sämtliche ihr zustehenden Rechte aus dem streitgegenständlichen Scala-Sparvertrag abgetreten, d.h. die Abtretung angeboten, und der Kläger seinen diesbezüglichen Annahmewillen dadurch konkludent betätigt, dass er die streitgegenständlichen Ansprüche unter Vorlage der Erklärung der Drittwiderbeklagten mit Schriftsatz vom 05.12.2013 (weiter-) verfolgte. Der Zugang der Annahmeerklärung bei der Drittwiderbeklagten war nach § 151 BGB entbehrlich. Unschädlich ist, dass die Annahme durch den Kläger nicht ebenso in schriftlicher Form erfolgte wie das Abtretungsangebot, da die Abtretung grundsätzlich formfrei ist (Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 398 Rn. 6). Unerheblich ist auch, dass die Abtretung nicht in das Sparbuch eingetragen wurde; die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung der Spareinlage ist ohne Eintragung im Sparbuch möglich (Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage 2015, § 808 Rn. 6).

Im Übrigen sind bei einem „Oder-Konto“ die Kontoinhaber Gesamtgläubiger (Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 428 Rn. 3); jeder Kontoinhaber ist befugt, einzeln und ohne Mitwirkung der anderen Kontoinhaber über das Guthaben auf dem Konto zu verfügen (Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 675f Rn. 23). Die Verfügungsbefugnis ist jedoch eingeschränkt, soweit es um Kreditaufnahmen, Durchführung von Terminsgeschäften oder um die Umwandlung oder Auflösung des Oder-Kontos geht - hierzu bedarf es der Erklärung aller Kontoinhaber (Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, 107. Ergänzungslieferung, 2/144ff.). Bei der Erhebung einer Klage mit den streitgegenständlichen Anträgen handelt es sich indes nicht um ein solches Geschäft, das nur durch alle Inhaber eines Oder-Kontos vorgenommen werden kann, denn es werden lediglich die Rechte aus dem bestehenden Vertrag geltend gemacht.

Bedenken bestehen auch insoweit nicht, als durch die mit Klagantrag Ziff. 1 begehrte Erhöhung der monatlichen Sparrate von 310 € auf 460 € eine entsprechend höhere Zahlungsverpflichtung auch der Drittwiderbeklagten, die insoweit Gesamtschuldnerin ist (Palandt-Sprau, BGB, 74. Aufl. 2015, § 675f Rn. 23), geschaffen wird. Denn die Drittwiderbeklagte hat in der als Anlage K6 vorgelegten „Abtretungserklärung“ auch erklärt, dass sie rückwirkend ihr volles Einverständnis gebe, soweit ihr Mann in Bezug auf den genannten Sparvertrag in der Vergangenheit Erklärungen gegenüber Dritten abgegeben habe, denen sie hätte zustimmen müssen bzw. die nur wirksam seien, wenn sie auch in ihrem Namen erfolgten, . Damit hat sie entweder das von ihrem Mann als Vertreter ohne Vertretungsmacht erklärte Erhöhungsverlangen nach § 177 BGB genehmigt oder damit auch ein Ratenerhöhungsverlangen bekundet.

2. Die Klage ist begründet, soweit der Kläger ab 22.07.2013 die Erhöhung seiner monatlichen Sparrate von 310,00 Euro auf 460,00 Euro verlangt und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf sein Verlangen eine jederzeitige Erhöhung oder Senkung der monatlichen Sparrate zwischen 25,00 Euro und 2.500,00 Euro auszuführen.

Die Parteien haben am 19.01.2004 unstreitig einen S-Scala-Vertrag abgeschlossen. Dabei handelt es sich nach Auffassung beider Parteien um einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch. Mit der Vereinbarung eines S-Scala-Vertrags haben die Parteien eine flexible Sparrate vereinbart, die der Sparer in der Höhe jederzeit nach seinem Wunsch zwischen 25,00 Euro und 2.500,00 Euro abändern kann, ohne dass es hierfür der Zustimmung der Beklagten bedarf. a) Ob die Parteien eine Abänderbarkeit der Sparrate vereinbart haben, lässt sich den schriftlichen Unterlagen, die unstreitig Vertragsdokumente geworden sind, nicht entnehmen. Es ist daher durch Auslegung des Begriffs S-Scala zu ermitteln, ob die Parteien sich mit der bloßen Vereinbarung, einen S-Scala-Vertrag abzuschließen, auch über eine Ratenerhöhungs- oder absenkungsmöglichkeit des Sparers geeinigt haben. Aus dem am 19.01.2004 von den Parteien unterzeichneten Formular zur Eröffnung eines Sparkontos mit dreimonatiger Kündigungsfrist ergibt sich lediglich die Zusatzvereinbarung „S-Scala mtl. Rate 310,- €“. Was darunter zu verstehen ist, wird in dem Formular nicht näher erläutert. Aus den in dem Formular Bezug genommenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den geltenden Bedingungen für den Sparverkehr ergeben sich gleichfalls keine weiteren Hinweise auf den Inhalt des Begriffs S-Scala.

Einzig der mit Vorsorgesparen S-Scala überschriebene Aufkleber, der bestimmungsgemäß in dem Sparbuch eingeklebt wird, enthält weitere Erläuterungen zum Vorsorgesparen S-Scala. Zwischen den Parteien ist allerdings streitig, ob der Aufkleber Vertragsbestandteil wurde. Hierauf kommt es aber nicht an, weil der Aufkleber keine Regelungen zur Abänderbarkeit der Sparrate enthält.

b) Zur Beantwortung der Frage, was die Parteien gemeint haben, als sie einen S-Scala-Vertrag vereinbart haben, ist neben den Vertragsdokumenten auch der Inhalt des zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Werbeflyers heranzuziehen. Auf diesen haben sich nämlich die Parteien bei Abgabe des Vertragsangebots und der -annahme konkludent bezogen, so dass er Gegenstand ihrer Willenserklärungen wurde. Ab Mitte der 90er-Jahre hat die Beklagte ihren Kunden sogenannte „Vorsorgesparen-S-Scala“-Verträge angeboten und mittels Flyer beworben. Der jeweils gültige Werbeflyer beschreibt das von der Beklagen entworfene Vertragsmodell. Als Werbematerial wurde der Flyer ohne gesonderte Vereinbarung grundsätzlich kein Vertragsdokument. Wie die Beklagte zutreffend betont, stellen Werbeaussagen letztlich nur eine invitatio ad offerendum dar. Sollen solche Aussagen Vertragsinhalt werden, müssen die Parteien dies vereinbaren. Kommt allerdings ein Kunde zur Beklagten mit dem Wunsch, einen S-Scala-Vertrag abschließen zu wollen, und nimmt die Beklagte dieses Angebot an, ohne dass die Parteien über einzelne vertragliche Regelungen gesprochen haben, hat der Kunde die der Beklagten bekannte Werbeaussage zur Grundlage seines Angebots gemacht. Durch die Angebotsannahme werden sodann die im Werbeflyer genannten Regelungen zu Vertragsregelungen. Davon ist auch in vorliegendem Fall auszugehen. Wie den Vertragsdokumenten zu entnehmen ist, haben die Parteien keine individuellen Regelungen darüber getroffen, wie der S-Scala-Vertrag ausgestaltet sein soll. Dies wird auch nicht von den Parteien behauptet. Das Angebot auf Abschluss eines S-Scala-Vertrages konnte sich aus objektiver Empfängersicht daher nur auf das von der Beklagten definierte und beworbene Sparprodukt beziehen. Der Beklagten musste klar sein, dass der Kläger mit S-Scala das meint, was nach der Werbung der Beklagten als S-Scala-Vertrag zu verstehen war. Der Begriff als solcher hatte keine andere Bedeutung, auch war nichts anderes auf dem Markt, was damit hätte gemeint sein können. Mit der Bezugnahme auf das Produkt der Beklagten S-Scala haben die Parteien somit konkludent die Werbeaussagen zum Bestandteil ihrer Willenserklärungen gemacht.

Dabei spielt es keine Rolle, ob dem Kläger bei Vertragsabschluss ein Flyer vorgelegen bzw. er von dessen Inhalt Kenntnis genommen hat. Es genügt, dass er sich auf das von der Beklagten angebotene und beworbene Produkt bezogen hat.

c) Die Vertragsauslegung führt zu dem Ergebnis, dass der Kläger jederzeit auf sein Verlangen die Sparrate auf maximal 2.500,00 € erhöhen oder auf minimal 25,00 € absenken kann. Daher war auch sein Erhöhungsverlangen vom 22.07.2013 berechtigt, weshalb die Beklagte verpflichtet ist, die monatliche Sparrate rückwirkend ab 22.07.2013 von 310,00 € auf 460,00 € zu erhöhen.

Verträge sind gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen, wie Treu und Glaube mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dies erfordern. Maßgebend für die Reichweite einer vertraglichen Verpflichtung ist nach §§ 133, 157 BGB der wirkliche Wille der Vertragsparteien, zu dessen Auslegung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen auch die beiderseits bekannten Umstände, insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, ihr Zweck und die Interessenlage der Vertragsparteien heranzuziehen sind (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl. 2015, § 133, Rn. 7 ff.; Münchener Kommentar-Busche, BGB, 2012, § 133 Rn. 54 ff.). Dabei geht es vorliegend nicht um eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung einer Vertragslücke, sondern um Auslegung des Begriffs S-Scala, den die Parteien ausdrücklich im Formular zur Eröffnung eines Sparkontos vereinbart haben. Was die Parteien mit der Vereinbarung eines S-Scala-Vertrags gemeint haben ist anhand der Vertragsdokumente, hier auch des Werbeflyers, zu erforschen.

Die entscheidende Passage des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Flyers, Version 01/02 (Anlage K2, Bl. 9 f. d.A), die im Übrigen kaum von den anderen Flyerversionen abweicht, lautet:

Sie möchten Ihre Sparrate ändern können?

Selbstverständlich können Sie das. Vereinbaren Sie einfach die neue Rate mit ihrem Berater. Erhöhungen sind dabei bis zu 2.500,00 Euro möglich. Ratensenkungen sind bis zur Mindestrate von 25,00 Euro möglich.

Diese und die weiteren, im Fettdruck hervorgehobenen Aussagen („Sie möchten selber entscheiden wie lange Sie sparen? Geht in Ordnung“, „Sie möchten eine angemessene Verzinsung? Bekommen Sie!“, „Sie möchten nur kleine Sparraten? Kein Problem!“, „Sie möchten über einen Teil Ihres Gesparten verfügen? Warum nicht?“) suggerieren große Gestaltungsfreiheit des Sparers. Laut Flyer geht es beim S-Scala-Vertrag um „Flexibles Sparen - entsprechend Ihren individuellen Wünschen“, um eine „flexible Sparmöglichkeit, die Ihren persönlichen Wünschen und Bedürfnissen angepasst werden kann“ - also um einen Vertrag, der sich durch dem Sparer eingeräumte hohe Flexibilität in einer Vielzahl von Bereichen auszeichnet. Gerade die Aussage, dass die Sparmöglichkeit den Wünschen des Sparers angepasst werden kann und eine Änderung der Sparrate selbstverständlich möglich ist, lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass eine Anpassung der Sparrate einfach zwischen 25,00 € und 2.500,00 € möglich ist. Der Wortlaut ist eindeutig. Maßstab sollen nach dem Kern der Aussage nur die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse des Sparers, nicht die Interessen der Bank sein.

Zwar heißt es, dass eine Änderung möglich ist und die neue Rate mit dem Berater einfach zu vereinbaren ist. Die Auffassung der Beklagten, es handle sich dabei um einen Zustimmungsvorbehalt ihrerseits, überzeugt jedoch nicht. Aus dem Kontext des Flyers heraus ist dieses „vereinbaren“ nicht im rechtstechnischen Sinne einer Vereinbarung durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zu verstehen. Dies würde bedeuten, dass der Sparer gegenüber dem Berater eine Ratenänderung anbieten muss und dieser sodann prüft, ob das Angebot angenommen wird. Damit würde es sich gerade nicht um eine selbstverständliche und einfache Ratenänderung handeln, sondern um einen formalen Vorgang, bei dem ein Antrag gestellt und - mit offenem Ergebnis - geprüft werden muss. Der maßgebliche objektive Empfänger geht im Zusammenhang mit der beworbenen Flexibilität vielmehr davon aus, dass er einfach seinen Änderungswunsch äußert und die Beklagte diesen umsetzt. Mit einer Ablehnung des Änderungswunschs - aus welchen Gründen auch? - rechnet der Leser des Flyers nicht. Sollte, wie die Beklagte meint, eine Ratenänderung eine vertragliche Vereinbarung voraussetzen, wäre davon auszugehen, dass die Beklagte ihre Zustimmung zu späteren Ratenänderungswünschen der Kunden bereits bei Vertragsschluss erklärt hat. Denn die Möglichkeit der Ratenänderung wird als eines der wesentlichen Merkmale des Scala-Vertrages hervorgehoben. Dies würde keinen Sinn ergeben, wenn die Aussage so zu verstehen wäre, wie die Beklagte es behauptet. Sie hätte nämlich keinen eigenständigen Gehalt, da die Höhe einer Sparrate immer auch nachträglich durch eine Vereinbarung der Parteien abgeändert werden kann.

Dass im Formular zur Eröffnung des Sparkontos des Klägers (und auch im Aufkleber im Sparbuch) eine monatliche Rate von 310,00 € eingetragen wurde, bedeutet nicht, dass die Parteien vorliegend abweichende Vereinbarungen getroffen hätten. Dafür bestand kein Grund, und es widerspräche der beworbenen Flexibilität. Die Eintragung ist nicht anders zu verstehen, als dass der Kläger den Vertrag mit einer anfänglichen Rate von 310,00 € begonnen hat. Selbstverständlich hatte er jederzeit die Möglichkeit, die Ratenhöhe zu ändern. Gleiches gilt für die von der Beklagten vorgelegten Formulare, in denen Sparer Ratenerhöhungsbegehren bereits zu Vertragsbeginn geäußert haben, so dass zeitlich gestaffelte Ratenhöhen schon in das Eröffnungsformular eingetragen worden sind (Anlage B 20, Bl. 368 ff. d.A.).Soweit die Beklagte behauptet, sie habe Ratenänderungen jeweils von einer Zustimmung ihrerseits abhängig gemacht und sie erst nach gesonderter Prüfung durchgeführt, ergibt sich hierfür keine vertragliche Grundlage. Diese Verfahrensweise würde eine nachträgliche Vertragsänderung darstellen, für die eine Änderungsvereinbarung erforderlich wäre. Eine einseitige Vertragsänderung ist unwirksam. Dass der Kläger einer Vertragsänderung zugestimmt hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Im Übrigen und nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beklagte offensichtlich selbst davon ausgegangen ist, dass der Sparer die Rate jederzeit zwischen dem Minimal- und Maximalbetrag ändern kann, denn sie hat die Scala-Verträge anscheinend entsprechend gehandhabt. In dem an den Sparer K. gerichteten Schreiben vom 03.04.2007 (Anlage K 13, Bl. 162 d.A.) schreibt die Beklagte, dass Ratenerhöhungen möglich sind, und verweist dazu auf den Scala-Prospekt vom 01.09.1993, womit vermutlich der Flyer Anlage K 7, Bl. 72 f. d.A. gemeint ist. In einem weiteren, im Verfahren 4 O 377/13 vorgelegten Schreiben der Beklagten vom 18.11.2013 an den dortigen Kläger V. (dortige Anlage K 4, Bl. 17 dieser Akte) führt die Beklagte aus: „Bis zu der vom Vorstand der Sparkasse Ulm gefällten Entscheidung, dass Ratenänderungen in Form der Anhebung der geleisteten Rate nicht mehr möglich sind, konnten Sie die Ratenhöhe ändern“. Dass der Ratenhöhe aufgrund der jederzeitigen Änderungsmöglichkeit keine besondere Bedeutung beigemessen wurde, belegen zudem das Kontoeröffnungsformular, das den Scala-Vertrag des Klägervertreters betrifft (Anlage B 7, Bl. 98 d.A.), in dem gar keine Ratenhöhe eingetragen wurde, sowie die in dem Verfahren 4 O 377/13 vorgelegten Sparbuchaufkleber betreffend andere Scala-Verträge, in denen gleichfalls keine Ratenhöhe eingetragen worden ist (4 O 377/13, dort Bl. 13 f. d.A.). Dies spricht dafür, dass es auf Grund der Flexibilität in Bezug auf die Höhe der Sparrate nicht auf eine konkrete Ratenhöhe angekommen ist.

Die Parteien haben bei Vertragsabschluss auf die von der Beklagten entworfene Vertragsgestaltung und Produktbeschreibung zurückgegriffen und vereinbart, dass der Kläger seine Sparrate jederzeit zwischen 25,00 € und 2.500,00 € ändern kann. Ihm kann daher kein Verstoß gegen Treu und Glauben oder Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden, wenn er von seiner vertraglichen Gestaltungsmöglichkeit Gebrauch machen will.

Dass die Beklagte allein durch eine Ratenerhöhung oder -absenkung in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde, behauptet die Beklagte selbst nicht substantiiert, weshalb sich an dieser Stelle weitere Ausführungen zu einem Anspruch der Beklagten auf Vertragsänderung erübrigen. Hierzu wird ausführlich unter Ziff. B II. 3. ausgeführt.

3. Die Klage ist auch begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte den S-Scala-Vertrag nicht vor Ablauf des 19.01.2029 ordentlich kündigen kann. Der Beklagten steht vor Ablauf dieses Zeitraums weder ein vertragliches noch ein gesetzliches ordentliches Kündigungsrecht zu.

Die Beklagte beruft sich allein auf das Bestehen eines gesetzlichen ordentlichen Kündigungsrechts. Ein vertragliches ordentliches Kündigungsrecht während der Laufzeit der Bonusverzinsung (hier bis zum 19.01.2029) wurde unstreitig nicht vereinbart. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Guthaben entsprechend der Regelung im letzten Absatz des Aufklebers im Sparbuch für die Beklagte einer vertraglichen Kündigung erst nach Ablauf der dort genannten 25-jährigen Einzahlungszeit mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist unterliegt. Nichts anderes ergibt sich aus den sonstigen vorgelegten Unterlagen.

Ein gesetzliches ordentliches Kündigungsrecht ist - entgegen der Auffassung der Beklagten - jedoch vor Ablauf der für die Bonusverzinsung vorgesehenen Zeit gleichfalls nicht gegeben. Für den vorliegenden Vertragstyp, einen Ratensparvertrag auf ein Sparbuch, sieht das Gesetz keine speziellen Regelungen vor. Diskutiert werden die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften zum unregelmäßigen Verwahrvertrag und die zum Darlehensvertrag (a).

Nach beiden Vertragsarten besteht kein ordentliches Kündigungsrecht. Die Vorschriften zum unregelmäßigen Verwahrvertrag schließen während einer festen Vertragszeit, wovon hier für die Zeit der Bonusverzinsung auszugehen ist, eine ordentliche Kündigung aus (b).

Soweit die Darlehensvorschriften ein gesetzliches Kündigungsrecht vorsehen, ist dieses im vorliegenden Fall aufgrund teleologischer Reduktion nicht anwendbar (c).

a) Bei dem streitgegenständlichen „Vorsorgesparen-S-Scala“-Vertrag handelt es sich um einen gesetzlich nicht als eigenen Vertragstyp geregelten Ratensparvertrag auf ein Sparbuch.

aa) Die Parteien haben einen Sparvertrag abgeschlossen und hierzu ein Sparkonto eröffnet.

Der „Vorsorgesparen-S-Scala“-Vertrag ist als Ratensparvertrag ausgestaltet. Die vom Sparer 25 Jahre lang monatlich einzuzahlenden Sparraten werden auf dem Sparbuch angelegt und mit einem Grundzins verzinst. Darüber hinaus wird ein über 25 Jahre gestaffelter Bonuszins gezahlt. Nach Ablauf der Rateneinzahlungs- und Bonusverzinsungszeit unterliegt das Guthaben den Bestimmungen über Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist und wird mit dem für diese Einlagen geltenden Zinssatz verzinst. Die vom Sparer zu leistenden Sparraten begründen der Beklagten gegenüber eine Verbindlichkeit des Sparers im Sinne einer Spareinlage nach § 21 Abs. 4 RechKredV (Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute). Danach sind Spareinlagen unbefristete Gelder, die durch Ausfertigung einer Urkunde, insbesondere eines Sparbuchs, als Spareinlage gekennzeichnet sind, nicht für den Zahlungsverkehr bestimmt sind, grundsätzlich nicht von Kapitalgesellschaften, Genossenschaften etc. angenommen werden und eine Kündigungsfrist von mindestens drei Monaten aufweisen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Obwohl für die Einzahlung der Sparraten eine Vertragszeit von 25 Jahren bestimmt ist, handelt es sich um unbefristete Gelder, da der Vertrag nach Ablauf der Einzahlungszeit nicht endet. Vielmehr läuft der Vertrag weiter, allerdings unterliegt das Guthaben nun den Bestimmungen über Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist und wird mit dem für diese Einlagen geltenden Zinssatz weiter verzinst. Der Umstand, dass der Sparer monatlich über einen Betrag von bis zu 2.000,00 Euro ohne Kündigung verfügen darf, schließt die Einordnung der Spareinlagen als solche im Sinne der RechKredV nicht aus. Darauf wird ausdrücklich in § 21 Abs. 4 S. 2 RechKredV hingewiesen. Sinn und Zweck einer solchen Spareinlage ist die Ansammlung von Vermögen (Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen, 3., SB Spar, Nr. 2 Rn 26 f.). Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 RechKredV sollen sicherstellen, dass die private Ersparnisbildung nachhaltig ist und sich damit als langfristige Refinanzierungsquelle für die Bank eignet (Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band I, 4. Auflage, Bearbeiter: Schürmann § 70 Rn. 10).

bb) Der Sparvertrag ist als Vertragstypus gesetzlich nicht geregelt. Nur aus § 21 Abs. 4 RechKredV sind formalisierte Minimalregelungen zum Sparverkehr zu entnehmen (Schimansky/Bunte/Lwowski a.a.O.). Diskutiert wird die Anwendbarkeit der Vorschriften über den unregelmäßigen Verwahrvertrag, § 700 BGB, und über den Darlehensvertrag, §§ 488 ff BGB (Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, 2015, § 808 Rn. 6; Staudinger-Marburger, BGB, Neubearb. 2011, § 808 Rn. 42, Jauernig-Stadler, BGB, 15. Auflage, 2014, § 808, Rn 5). Die herrschende Meinung gibt der Anwendbarkeit der Vorschriften über den Darlehensvertrag den Vorzug. Beide Vertragstypen passen jedoch nicht uneingeschränkt auf den Sparvertrag. Anders als beim Darlehensvertrag, dessen prägende Hauptleistung die Pflicht des Darlehensgebers ist, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, liegt der Schwerpunkt beim Sparvertrag nicht in der Annahme fremder Barmittel des Sparers durch die Bank, sondern in dem Anlageinteresse des Sparers zur Vermögenbildung. Und anders als beim Verwahrvertrag, bei dem es vor allem um die Verwahrung der vom Hinterleger übergebenen Sache geht, geht es beim Sparvertrag schwerpunktmäßig nicht um die Verwahrung, sondern um die Vermögensbildung.

Ob auf die Scala-Verträge die Vorschriften des unregelmäßigen Verwahrvertrags oder des Darlehensvertrags anzuwenden sind, spielt im vorliegenden Fall keine Rolle, weil nach beiden Vertragstypen ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten nicht besteht.

b) Ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten vor Ablauf des 19.01.2029 besteht nach den Vorschriften zum unregelmäßigen Verwahrvertrag nicht, da die Parteien mit der Vereinbarung einer Einzahlungszeit von 25 Jahren eine für die Beklagte für diese Dauer feste Verwahrzeit vereinbart haben. Eine ordentliche Kündigung durch die Beklagte ist daher nach §§ 700 Abs. 1 S. 3, 696 BGB ausgeschlossen.

Nach § 700 Abs. 1 S. 3 BGB bestimmt sich Zeit und Ort der Rückgabe des hinterlegten Gegenstands - hier der Spareinlagen - im Zweifel nach den Vorschriften über den Verwahrvertrag, mithin nach § 696 BGB. Danach kann der Verwahrer, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist, jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen, § 696 S. 1 BGB. Ist jedoch eine Zeit bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 696 S. 2 BGB. Mit der Vereinbarung einer Rateneinzahlungsdauer von 25 Jahren haben die Parteien eine feste Verwahrzeit vereinbart, d. h. eine Zeit für die Rücknahme bestimmt, vor deren Ablauf die Beklagte eine Rücknahme der Spareinlage nur verlangen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, § 696 S. 2 BGB. Unstreitig haben die Parteien, wie auch im Aufkleber auf der letzten Seite des Sparbuchs festgehalten, vereinbart, dass ab 19.01.2004 bis 19.01.2029 monatliche Raten auf den Vertrag einbezahlt werden und die Beklagte diese Raten mit einem Grund- und einem über 25 Jahre gestaffelten Bonuszins verzinst. Dem Kläger wird damit eingeräumt, die Einzahlung der Spareinlage ratierlich über 25 Jahre zu strecken. Erst mit Zahlung der letzten Sparrate hat er die gesamte Einlage geleistet. Die Einzahlungszeit ist damit die Zeit, in der der Sparer den geschuldeten Hinterlegungsbetrag einbezahlt. Spiegelbildlich ist die Beklagte grundsätzlich verpflichtet, die Raten entgegenzunehmen, und neben dem Grundzins mit einem Bonuszins zu verzinsen. Diese 25-jährige Einzahlungszeit, bis der gesamte Hinterlegungsbetrag erbracht ist, ist eine für die Beklagte feste Zeit für die Aufbewahrung im Sinne des § 696 S. 2 BGB. Ausschlaggebend hierfür ist, dass der Sparer bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die vertraglich vereinbarte Verzinsung des Hinterlegungsbetrags nicht erreichen kann, insbesondere nicht den am Ende der Einzahlungszeit in Aussicht gestellten hohen Bonuszins. Da nach der konkreten Vertragsgestaltung die Verzinsung erst mit zunehmender Vertragszeit attraktiv wird und anfänglich nur eine mit anderen Spareinlagen verglichen geringe Verzinsung geleistet wird, ist der Scala-Vertrag nur mit Blick auf eine lange Vertragsdauer interessant. Der Sparer soll mit der gestaffelten Bonusverzinsung für Vertragstreue belohnt werden. Je länger er spart, umso besser kann er sein Ziel der Vermögensbildung realisieren. Die sich nach oben hin steigernde Verzinsung ist ein wesentliches Element des Scala-Vertrages, das schon im Wortlaut der Vertragsbezeichnung zum Ausdruck kommt. Der gestaffelte Bonuszins lockt den Sparer und veranlasst ihn dazu, die anfänglich unattraktive Verzinsung zu akzeptieren. Für die Entscheidung über einen Vertragsabschluss ist er daher mitentscheidend. Ein Rücknahmeverlangen der Beklagten vor Ablauf der vereinbarten Einzahlungszeit würde das Erreichen der anfänglich versprochenen Verzinsung vereiteln und somit dem vereinbarten Vertragsziel des Sparers zuwiderlaufen. Die Vereinbarung einer 25-jährigen Einzahlungszeit kann daher nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte auf ein vorzeitiges Rücknahmeverlangen verzichtet und verspricht, die Sparraten mindestens 25 Jahre lang bei entsprechender Verzinsung entgegenzunehmen und aufzubewahren. Eine vorzeitige Kündigung des Vertrages wäre auf dieser Grundlage vertragswidrig. Dass der Kläger im Gegensatz zur Beklagten den Vertrag auch während der Einzahlungszeit kündigen kann, widerspricht dem nicht. § 695 S. 1 BGB billigt dem Hinterleger ein jederzeitiges Rückforderungsrecht zu, selbst wenn für die Aufbewahrung eine Zeit bestimmt ist.

c) Ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten besteht auch nicht bei Anwendung der Vorschriften über den Darlehensvertrag gemäß §§ 488 ff. BGB.

aa) Kündigung nach § 488 Abs. 3 BGB

Ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten nach § 488 Abs. 3 BGB besteht vor Ablauf des 19.01.2029 nicht. Nach § 488 Abs. 3 Satz 1, 2 BGB können der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer ein verzinsliches Darlehen mit einer Frist von 3 Monaten kündigen, wenn für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt ist. Im Umkehrschluss kann ein Darlehen mit bestimmter Laufzeit nicht ordentlich gekündigt werden (Palandt-Weidenkaff, BGB, 74. Aufl. 2015, § 488 Rn. 22). § 488 Abs. 3 BGB ist grundsätzlich abdingbar, d.h. es kann die Zulässigkeit der Kündigung bei bestimmter Laufzeit, aber auch der Ausschluss der Kündigung für eine bestimmte Zeit vereinbart werden (Palandt-Weidenkaff, a.a.O.).

Mit dem Scala-Vertrag haben die Parteien ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten vor Ablauf der 25-jährigen Sparrateneinzahlungs- und Bonusverzinsungszeit ausgeschlossen. Zwar haben die Parteien keinen klassischen Darlehensvertrag mit bestimmter Laufzeit abgeschlossen, der eine Zeit für die Rückzahlung des Darlehens vorsieht, deren Ablauf in der Regel zu einem Vertragsende führt. Hier setzt sich der Vertrag nach Ablauf der 25-jährigen Einzahlungszeit fort, bis er von einer der Parteien mit einer dreimonatigen Kündigungsfrist gekündigt wird. Das Darlehen wird also erst mit der (für den Darlehensgeber unstreitig während der ganzen Vertragsdauer möglichen) Kündigung des Darlehensgebers, hier des Sparers, oder der des Darlehensnehmers, hier der Beklagten, fällig. Die Parteien haben aber eine 25-jährige Einzahlungszeit vereinbart, vor deren Ablauf die Beklagte keinen Anspruch darauf hat, das Darlehen, d. h. die Spareinlage, an den Kläger zurückzahlen zu können. Die Beklagte hat in den ersten 25 Jahren der Vertragslaufzeit auf eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit verzichtet. Danach ist der Vertrag auch für die Beklagte mit einer Frist von 3 Monaten kündbar. Wie bereits unter II. 3. b) dargelegt würde ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten vor Ablauf der 25-jährigen Einzahlungszeit der individuellen Vereinbarung der Parteien zuwiderlaufen, da Vertragszweck gerade auch das Erreichen der mit zunehmender Vertragsdauer steigenden Bonusverzinsung ist. Die Entwicklung des Zinsgefüges über die 25-jährige Laufzeit ist so angelegt, dass, beginnend mit einer niedrigen Verzinsung, der Zinsertrag erst mit zunehmender Dauer steigt. Könnte die Beklagte mittels ordentlicher Kündigung aus dem Darlehensvertrag aussteigen, bevor der Ertrag aus der höheren Verzinsung erreicht wird, könnte sie sich den Darlehensbetrag zu den anfänglichen, für sie günstigen Bedingungen sichern, ohne die später hohe Verzinsung zahlen zu müssen. Dies widerspräche der Idee des Scala-Vertrages.

Hinzu kommt, dass der Kläger, der Darlehensgeber, erst nach 25 Jahren die vollständige Darlehensvaluta ausbezahlt und damit seine Hauptleistungspflicht erfüllt hat. Gerade beim Sparvertrag, der der Vermögensbildung dient, kommt diesem Element besondere Bedeutung zu. Eine Kündigung vor Auszahlung der vollständigen Darlehenssumme würde dem Vertrag zugrundeliegenden Spargedanken zuwiderlaufen. Mit dem Versprechen der Beklagten, die Vertragstreue des Klägers mit einem gestaffelten, über 25 Jahre gewährten Bonuszins zu belohnen, hat sie sich verpflichtet, die Sparrate bis zur vollständigen Auszahlung der Darlehenssumme entgegenzunehmen und konkludent auf eine Kündigung während dieser Zeit verzichtet.

bb) Kündigung nach § 489 Abs. 2 BGB

Da der Scala-Vertrag kein Darlehensvertrag mit veränderlichem Zinssatz im Sinne des § 489 Abs. 2 BGB ist, kommt ein ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 2 BGB nicht in Betracht. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Spareinlage während der Einzahlungszeit bis zum 20.01.2029 mit einem fixen Bonuszins und einem variablen Grundzins zu verzinsen ist und der Grundzins an einen Referenzzins gekoppelt ist, an den er vierteljährlich angepasst wird. Der variable Grundzins ist somit nicht jederzeit veränderlich, wie es § 489 Abs. 2 BGB voraussetzt (Münchener Kommentar-Berger, 6. Auflage 2012, BGB, § 489 Rn. 15), sondern jeweils bis zum 1/4-jährlichen Stichtag fest und nur zum Stichtag veränderlich. Der aus dem Zinssatz des variablen Zinses und dem des Bonuszinses bestehende Zinssatz ist daher nur zu bestimmten Zeiten, nämlich zu den festgelegten Stichtagen, und somit nicht jederzeit veränderlich.

cc) Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB

Bis zum Ablauf des 19.01.2029 besteht auch kein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach kann ein Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens gekündigt werden. Vor Ablauf des 19.01.2029 hat die Beklagte das Darlehen aber noch nicht vollständig empfangen. Wie bereits ausgeführt, ist das Darlehen beim Scala-Vertrag erst nach Ablauf der 25-jährigen Einzahlungszeit vollständig ausbezahlt.

dd) Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB

Ein ordentliches Kündigungsrecht der Beklagten nach § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. BGB besteht auf Grund teleologischer Reduktion der Vorschrift nicht. Nach § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. BGB kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz, bei dem eine Anpassung des Sollzinses in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart ist, jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, ganz oder teilweise kündigen.

Zwar handelt es sich bei dem Scala-Vertrag grundsätzlich um einen solchen Sparvertrag mit einem im Grundzins gebundenen Sollzinssatz gemäß § 489 Abs. 5 S. 1, S. 2 BGB, dessen Anpassung vierteljährlich vereinbart ist. Die Anwendung des für Darlehensverträge geltenden § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs BGB auf die Scala-Sparverträge würde aber dem Gesetzeszweck zuwiderlaufen, weshalb die Vorschrift auf Grund teleologischer Reduktion hier nicht zur Anwendung kommen kann.

(1) Der Zweck des § 489 BGB liegt im Schuldnerschutz (Münchener Kommentar-Berger, 6. Auflage 2012, BGB, § 489 Rn.1). Bis zum 31.12.1986 konnte der Schuldner eines Darlehensvertrags nach § 247 BGB a. F. das Kapital nach dem Ablauf von sechs Monaten unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen, wenn ein höherer Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr vereinbart war. Die Vorschrift wurde zunächst durch das Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften vom 25.07.19861986, BGBl I Nr. 38, mit Wirkung ab 01.01.1987 geändert (neu: § 609 a BGB a.F.) und sodann - ohne wesentliche inhaltliche Änderungen - mit dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.20012001, BGBl I Nr. 61 zur heutigen Regelung des § 489 BGB.

Anlass für den Gesetzgeber, Mitte der 80er-Jahre die bisherigen Kündigungsregeln zu ändern, war u.a. eine geänderte Wirtschaftslage. Fallende Zinsen nach einer Hochzinsphase hatten Darlehensnehmer vermehrt zu Vertragskündigungen veranlasst mit nachteiligen Folgen für die Bankwirtschaft. Aber auch die Banken gingen zum Nachteil der Darlehensnehmer immer stärker dazu über, vermehrt Kredite mit kurzen Zinsbindungsfristen auszureichen und Kündigungsrechte vertraglich auszuschließen. Mit § 609 a BGB a.F. wurden nun für festverzinsliche und variable Kredite unterschiedliche Kündigungsmöglichkeiten eingeführt. Die Kündigungsmöglichkeit für festverzinsliche Darlehen wurde eingeschränkt, indem für die Dauer der jeweiligen Zinsbindung ein Kündigungsrecht ausgeschlossen wurde. Was Darlehen mit veränderlichem Zinssatz mit zeitlich begrenzter Zinsbindung angeht, sollte mit § 609 a Abs. 1 BGB a.F. der Grundsatz der Kongruenz zwischen Vertragsbindung des Schuldners und dem Zeitraum der Zinsbindung des Darlehensgebers statuiert werden. Dem Darlehensnehmer sollte unabhängig von der Gesamtlaufzeit des Darlehens ein Kündigungsrecht frühestens zu dem Zeitpunkt, an dem die Zinsbindung endet, gegeben werden. Laut Gesetzentwurf, BT-Drucksache 10/4741 vom 29.01.1986, Seite 21 ff., verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, den Schuldnerschutz nur dort auf ein angemessenes Maß zurückzuführen, wo er sich in der Vergangenheit als besonders störend erwiesen hat, nämlich im Bereich der festverzinslichen Kredite. Was die Darlehen mit veränderlichem Zinssatz angeht, wird im Gesetzentwurf ausgeführt: „Die künftige Regelung des Kündigungsrechts soll wie der geltende § 247 BGB auch Darlehen mit veränderlichem Zinssatz erfassen. Hier erscheint ein maßvoll ausgestaltetes allgemeines Kündigungsrecht des Schuldners als ein wesentliches und wirksames Gegengewicht gegen das Zinsbestimmungsrecht des Gläubigers; dabei soll das Kündigungsrecht dem Schuldner auch die Möglichkeit eröffnen, bei allgemein sinkendem Zinsniveau auf eine Herabsetzung der Zinsen zu dringen. Deshalb war hier einem allgemeinen Kündigungsrecht der Vorzug zu geben vor der (insbesondere etwa im Versicherungsrecht seit langem üblichen) Kündigungsmöglichkeit als Antwort auf Preis- bzw. Zinserhöhungen. Der Entwurf sieht aus diesen Gründen bei variabel verzinslichen Krediten vor, dass der Schuldner jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten den Kredit kündigen kann (§ 609 a Abs. 2).“

Dem Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers (der Bank) bei Darlehen mit veränderlichem Zinssatz sollte somit ein Kündigungsrecht des Darlehensnehmers entgegengesetzt werden, damit der Darlehensnehmer die Möglichkeit erhält, bei sinkendem Zinsniveau ebenfalls auf eine Herabsetzung seiner Zinsen zu drängen. Der Schuldner sollte somit folglich vor einer überlangen, den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht entsprechenden Bindung an den Darlehensvertrag geschützt werden (BT-Drucksache 10/4741, a.a.O.). Das Kündigungsrecht soll helfen, eine innere Vertragsgerechtigkeit über die gesamte Laufzeit des Gelddarlehensvertrages herzustellen, indem dem Schuldner Verhandlungsmöglichkeiten eingeräumt werden, um mit der Möglichkeit einer Kündigung einen marktüblichen Zinssatz durchsetzen zu können (Münchener Kommentar-Berger, 6. Auflage 2012, BGB, § 489 Rn. 2, 3; Staudinger-Mülbert, BGB, Neubearbeitung 2011, § 489 Rn. 7).Eine der Zielrichtungen des ab 1987 eingeführten Kündigungsrechts des Darlehensnehmers bei Darlehensverträgen mit veränderlichem Zinssatz war somit, dem Schuldner gegenüber der den Zinssatz bestimmenden Bank zu schützen.

Dass Banken, wie hier die Beklagte, im Zusammenhang mit einem Sparvertrag als Darlehensnehmer auftreten würden, hatte der Gesetzgeber nicht vor Augen.

(2) Im Falle des Scala-Vertrags ist von einer anderen Ausgangslage auszugehen als der, die in dem Gesetzentwurf vom 29.01.1986 beschrieben wird. Zum einen ist untypischerweise die Beklagte als Bank nicht Darlehensgeberin, sondern selbst Darlehensnehmerin. Zum anderen steht dem Darlehensgeber, dem Sparer, kein Zinsbestimmungsrecht zu, tatsächlich auch nicht der Beklagten. Die Beklagte hat zwar bei Vertragsbeginn die angebotenen Zinsen festgelegt, während der Vertragslaufzeit hat aber tatsächlich keine der Parteien ein Zinsbestimmungsrecht, da die Zinsentwicklung des variablen Grundzinses unabhängig von einer Entscheidung der Parteien an einen Referenzzins und damit an die Entwicklung des Marktzinses gekoppelt ist. Tatsächlich ist ein Zinsautomatismus gegeben, in dessen Folge kein Vertragspartner Einfluss auf die Zinsentwicklung hat. Damit ist für keinen der Vertragspartner die Gefahr einer willkürlichen Zinsbestimmung gegeben. In vorliegender Konstellation existiert daher kein Ungleichgewicht zwischen Darlehensnehmer und Darlehensgeber, wie es mit dem Gesetz von 1986 beseitigt werden sollte. Vor allem jedoch ist mit der Koppelung des variablen Grundzinses an einen Referenzzinssatz eine Entwicklung des Vertragszinses in Relation zu den wirtschaftlichen Verhältnissen sichergestellt. Eine den wirtschaftlichen Verhältnissen gegenläufige Entwicklung ist ausgeschlossen. Die Notwendigkeit, einem Vertragspartner ein Druckmittel in Form einer Kündigungsmöglichkeit an die Hand zu geben, um marktübliche Zinsen durchzusetzen und Waffengleichheit herzustellen, besteht im streitgegenständlichen Vertragsverhältnis nicht.

(3) Allerdings erfasst der Wortlaut des § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs BGB auch die vorliegende Vertragskonstellation und geht damit über die vom Gesetzgeber verfolgte Regelungsintention hinaus. In der Literatur (Staudinger-Mülbert, BGB, Neubearbeitung 2011, § 489 Rn.10; Münchener Kommentar-Berger, BGB, 6. Auflage 2012, 489 Rn. 2; Mülbert-Schmitz, FS Horn 2006, S. 796; Langenbucher, BKR 2005, 134, 141 f.) wird daher vertreten, die Vorschrift teleologisch zu reduzieren und auf Darlehensverträge mit periodisierten Zinsgleitklauseln (d.h. ein automatisches Eintreten der Zinsänderung vorsehende Klauseln) nicht anzuwenden. Mülbert und Schmitz führen hierzu in der Festschrift für Horn, 2006, Seite 797 aus:

„Damit ergibt sich aber auch für die beiden Kündigungstatbestände des § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB übereinstimmend das bereits für § 489 Abs. 2 BGB zu verzeichnende Problem, dass der jeweilige Wortlaut der Regelung über die vom Gesetzgeber verfolgte Regelungsintention weit hinausreicht. Anknüpfungspunkt für das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers ist nicht etwa das einseitige Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers, sondern die Schwankung des Darlehenszinssatzes als solche. Abgesehen vom anders lautenden gesetzgeberischen Willen ist hierfür jedoch auch kein sachliches Bedürfnis zu erkennen, weil Zinsgleitklauseln eine strikt symmetrische, gleichermaßen zu Gunsten wie zu Lasten des Darlehensnehmers erfolgende Zinsanpassung bewirken. Dieser symmetrische Anpassungsautomatismus legt, ohne dass diese Frage hier weiter zu vertiefen wäre, eine teleologische Reduktion des § 489 Abs. 1 und Abs. 2 BGB bezüglich periodischer und reiner Zinsgleitklauseln nahe.“ Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer an. Die Gestaltung des S-Scala-Vertrags erfordert kein Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs BGB. Der variable Grundzins gewährleistet eine marktkonforme Entwicklung des Vertrages. Ein einseitiges Zinsänderungsrisiko trägt die Beklagte nicht. Die Beklagte will sich auch nicht wegen des variablen Grundzinses von dem Vertrag lösen, denn dieser befindet sich in einem historischen Tief und belastet sie nicht; vielmehr macht er das Darlehen für die Beklagte aktuell sogar sehr günstig. Ungünstig ist für die Beklagte allein der vertraglich zugesagte feste Bonuszins. Wie oben bereits ausgeführt, hat der Darlehensnehmer von festverzinslichen Darlehen jedoch grundsätzlich kein ordentliches Kündigungsrecht. Hier geht die vertragliche Bindung und Risikozuweisung vor (BT-Drucksache 10/4741, S. 21 f.). Würde der Beklagten ein ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs BGB eingeräumt werden, würde dies dazu führen, dass der Kläger an der Entwicklung des Marktzinses nicht - wie vertraglich geregelt - nur mit dem variablen Grundzins beteiligt würde. Er würde darüber hinaus im Falle einer Kündigung wegen der Entwicklung des Marktzinses auch den fest vereinbarten Bonuszins verlieren, was der Vertragsgestaltung widerspräche. Bietet ein Vertragspartner eine feste Verzinsung an, so ist er nach den Grundsätzen des Gesetzes hieran gebunden und hat das daraus entstehende Risiko zu tragen. Wie dargelegt entsteht hierdurch kein willkürliches Missverhältnis, das einer Korrektur bedarf. Die Beklagte hat die Dauer und Höhe der Bonuszinsstaffel selbst kalkuliert und angeboten. Sie hätte sich ohne weiteres ein ordentliches Kündigungsrecht vorbehalten können. Die Zusage und Gestaltung der festen Verzinsung fällt in den Bereich der Vertragsfreiheit. Die Beklagte muss sich an dem von ihr geschlossenen Vertrag nach dem Grundsatz „pacta sunt servanda“ festhalten lassen.

(4) Soweit die Beklagte meint, eine teleologische Reduktion verbiete sich, weil dem Sparer als Darlehensgeber vergleichbar mit dem Zinsbestimmungsrecht der Banken ein Bestimmungsrecht in Bezug auf die Höhe der Sparrate zustehe und sie wegen der langen Bindung an den Bonuszins ein hohes Zinsrisiko treffe, ist dem nicht zuzustimmen. Die Zusage eines unveränderlichen festen Bonuszinses entspricht gerade keiner Fallkonstellation des § 489 BGB, der nur Kündigungsrechte des Darlehensnehmers bei veränderlichem Zinssatz vorsieht. Der bei Vertragsbeginn bekannte feste Bonuszins stellt kein durch äußere Faktoren beeinflusstes unberechenbares Zinsrisiko dar. Das Risiko, das sich vorliegend verwirklicht, ist der wegen des niedrigen Marktzinses niedrige variable Grundzins, der den Bonuszins für die Beklagte teuer macht. Der Bonuszins bleibt so wie vertraglich vereinbart, von der Marktlage unbeeinflusst. Für einen festen Zinssatz sieht § 489 BGB kein Kündigungsrecht vor. Auch ist das Ratenbestimmungsrecht des Sparers, also das jederzeitige Recht, die Rate zwischen 25,00 Euro und 2.500,00 Euro zu verändern, und damit das Recht, die Darlehenssumme zu bestimmen, nicht die Zinsen, nicht mit dem Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers vergleichbar, wie es der Gesetzgeber 1986 vor Augen hatte. Bei Einführung des § 609 a BGB a.F. wurden dem Kreditnehmer auf dem Markt praktisch nur Kredite mit veränderlichem Zinssatz angeboten, weshalb das Bedürfnis bestand, dem Kreditnehmer mit dem Kündigungsrecht ein Mittel an die Hand zu geben, das Waffengleichheit gegenüber dem Zinsbestimmungsrecht des Darlehensgebers schaffen sollte. Der Markt war für Kreditnehmer eingeschränkt (BT-Drucksache 10/4741, S. 20ff.). Von einem eingeschränkten Markt für Spareinlagen, der einseitig von Banken oder Sparern diktiert wird, kann zweifelsohne nicht gesprochen werden. Verträge über Spareinlagen waren und sind in vielerlei Variationen möglich. Die Beklagte hat mit dem Scala-Vertrag selbst ein Produkt geschaffen und für ihre Kunden bzw. zur Anwerbung neuer Kunden ein offensichtlich neues, attraktives Sparangebot aufgelegt. Die Gestaltungsfreiheit lag ganz auf ihrer Seite. Sie hätte durchaus auch einen weniger großzügig gestalteten Scala-Vertrag anbieten können, der für sie besser kalkulierbar gewesen wäre, etwa mit kürzerer Laufzeit für den Bonuszins, niedrigerem Bonuszinssatz oder eingeschränktem Ratenbestimmungsrecht des Kunden. Das von der Beklagten ohne Not eingeräumte Ratenbestimmungsrecht kann von ihr nun nicht herangezogen werden, um ein Kündigungsrecht zu begründen.

(5) Da es schon aufgrund der teleologischen Reduktion nicht zur Anwendbarkeit des § 489 Abs. 1 Nr.1, 2. Hs. BGB kommt, stellt sich die Frage der Unabdingbarkeit des Kündigungsrechtes nach § 489 BGB und der Anwendbarkeit des § 489 Abs. 4 Satz 2 BGB auf die Beklagte nicht.

Das fehlende Kündigungsrecht der Beklagten entspricht der Gesetzeslage, wonach Verträge mit vereinbarter Laufzeit, hier der 25-jährigen Einzahlungszeit, grundsätzlich nicht vor Ablauf dieser ordentlich gekündigt werden können.

Zwar verkennt die Kammer nicht, dass die wirtschaftliche Entwicklung zu dem extrem niedrigen Zinsniveau auf Grund der Finanzmarktkrisen der vergangenen Jahre von den Parteien nicht vorhergesehen werden konnte. Das innere Vertragsgefüge gerät dadurch jedoch nicht aus den Fugen. Letztlich verwirklicht sich nichts anderes als das wirtschaftliche und unternehmerische Risiko. Ein gesetzliches Korrektiv ist dadurch nicht veranlasst, weshalb es bei der begründeten teleologischen Reduktion des § 489 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs BGB verbleibt.

B. Widerklagen

I. Zulässigkeit

Die Widerklagen und Drittwiderklagen der Beklagten sind zulässig, insbesondere ist auch die Drittwiderklage gegen die Ehefrau des Klägers zulässig.

1. Dies gilt auch, soweit sie sich in Widerklagantrag Ziff. 5 nur gegen diese richtet. Zwar ist eine Widerklage gegen einen bisher am Prozess nicht beteiligten Dritten grundsätzlich nur zulässig, wenn sie zugleich gegenüber dem Kläger erhoben wird (BGHZ 40, 185, 187; 147, 220, 221). Der Bundesgerichtshof lässt jedoch eine Ausnahme für den Fall zu, dass sich die Drittwiderklage gegen einen Zedenten richtet, die geltend gemachten Ansprüche auf einem Vertragsverhältnis beruhen, an dem der Kläger und der Widerbeklagte auf einer Seite in der gleichen Weise beteiligt waren, und die bei der Sachentscheidung zu berücksichtigenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche dieselben sind (BGH, Urteil vom 13.06.2008, AZ: V ZR 114/07, Rn. 28 zit. nach juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 13.03.2007, AZ: VI ZR 129/06 Rn. 9 ff. zit nach juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.11.2012, AZ: 8 W 419/12, Rn. 11 und 12 zit. nach juris).

Genauso liegt der Fall hier. Die Drittwiderbeklagte hat den Sparvertrag mit der Beklagten gemeinsam mit dem Kläger abgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die bei der Sachentscheidung zu berücksichtigenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse in irgendeiner Art unterscheiden würden.

2. In Bezug auf Widerklagantrag Ziff. 5 liegt auch das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) vor. Die Beklagte hat ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass auch der Drittwiderbeklagten keine Ansprüche mehr zustehen. Diesbezüglich ist unerheblich, dass sich die Drittwiderbeklagte nach der Abtretung keiner Ansprüche mehr berühmt (BGH, Urteil vom 13.06.2008, AZ: V ZR 114/07, Rn. 31 zit. nach juris); maßgeblich ist insoweit, dass die Rechtskrafterstreckung nach § 325 Abs. 1 S. 1 ZPO die Wirksamkeit der Abtretung voraussetzt, sie aber nicht eintritt, wenn die Abtretung von vornherein nichtig war oder auf Grund einer späteren Anfechtung durch den Zedenten rückwirkend unwirksam wird, was vom Standpunkt der Beklagten nicht ausgeschlossen werden kann (a.a.O. Rn. 34 zit. nach juris).

II. Begründetheit

Die Widerklagen der Beklagten sind jedoch unbegründet.