Wirksamkeit einer Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist in einem Verbraucherdarlehensvertrag

OLG Celle, Beschl. v. 14.07.2014, 3 W 34/14
Leitsatz:
Den gesetzlichen Erfordernissen genügt die folgende Widerrufsbelehrung in einem Verbraucherdarlehensvertrag „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden“. (redaktioneller Leitsatz)

Gründe:
I. Die Antragsteller haben – u.a. – am 18.4.2006 mit der Antragsgegnerin einen Darlehensvertrag über 136.600 € geschlossen, der bis zum 30.4.2018 hinsichtlich des Zinssatzes von 4,6 % fest vereinbart war. Wegen Überziehung hat die Antragsgegnerin am 11.1.2013 zunächst das Girokonto gekündigt und am 5.2.2013 u.a. auch das streitgegenständliche Darlehen. Am 30.8.2013 haben die Antragsteller das Darlehen inklusive Vorfälligkeitsentgelt an die Antragsgegnerin zurückgeführt. Am 25.5.2013 haben die Antragsteller anwaltlich sämtliche Darlehensverträge mit der Antragsgegnerin widerrufen und begehren mit Antrag vom 25.11.2013 für eine beabsichtigte Klage PKH. Sie verlangen Erstattung zu viel gezahlter Beträge i. H. v. 29.589,73 € sowie Erstattung von 4.153,58 € vorgerichtlicher Kosten. Außerdem wird mit zwei Feststellungsanträgen einmal die Feststellung begehrt, dass die Antragsgegnerin auf Schadensersatz für eine Nicht-Löschung eines Schufa-Eintrags hafte, und zum anderen die Feststellung, dass der Widerruf vom 25.5.2013 gegenüber der Antragsgegnerin wirksam sei.

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass ihr Widerruf wegen Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung noch nicht verfristet, vielmehr wirksam sei.

Mit Beschluss des Einzelrichters vom 26.5.2014 hat das LG den Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von PKH zurückgewiesen, da diesem die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht fehle, weil der Widerruf vom 25.5.2013 unwirksam sei, denn die Widerrufsbelehrung sei vollständig und richtig.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 3.7.2014 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 26.6.2014 ist nicht begründet, so dass sie zurückzuweisen war. Das LG hat im Ergebnis zu Recht die Widerrufsbelehrung zu dem Darlehensvertrag vom 18.4.2006 als nicht fehlerhaft gewürdigt, so dass der Widerruf erst vom 25.5.2013 verfristet ist und die beabsichtigte Klage nicht die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht aufweist.

Da sich die Antragsgegnerin gar nicht auf § 14 Abs. 1 BGB-InfoV beruft, da das hierfür erforderliche Muster von ihr gar nicht verwandt worden ist, sind die Ausführungen der Antragsteller insoweit unerheblich. Vielmehr ist für die Frage der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung § 355 BGB in der Fassung bei Abschluss des Darlehensvertrags vom 18.4.2006 maßgeblich. Hiernach lässt sich eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung indes nicht feststellen, so dass der Widerruf, der binnen zwei Wochen zu erfolgen hatte, vorliegend verfristet ist, da er erst am 25.5.2013, mithin über sieben Jahre zu spät erfolgt ist. Im Einzelnen:

Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, dass die von der Antragsgegnerin verwendete Widerrufsbelehrung gegen das sog. Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoße, ist dies unzutreffend.

1. Entgegen der Darlegung der Antragsteller ergibt sich aus der Widerrufsbelehrung gerade nicht, dass die Frist für den Widerruf bereits mit Erhalt des Darlehensangebots beginnt, was der BGH mit seinem Urteil vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08, ZIP 2009, 952, dazu EWiR 2009, 371 (Madaus)) beanstandet hat. Dort ging es um das Angebot der Bank, während es vorliegend in der Widerrufsbelehrung um das Angebot der Antragsteller als Darlehensnehmer geht. So heißt es in der Widerrufsbelehrung: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden.“

Aus der ausdrücklichen Verwendung der Worte „mein schriftlicher Vertragsantrag“ bzw. „meines Vertragsantrages“ (Hervorhebungen des Gerichts) ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht der Bank geht.

2. Soweit die Antragsteller beanstanden, dass keine Belehrung darüber erfolgt sei, dass die Frist erst nach Erhalt der Belehrung in Textform (Hervorhebung des Gerichts) beginne, so ist auch dies unerheblich. Nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. „beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist ...“.

Hieraus ist zu entnehmen, dass die Belehrung als Ganzes in Textform zu erfolgen hat und nicht etwa nur auf den Fristbeginn bezogen worden ist. Dass die Widerrufsbelehrung hier insgesamt in Textform mitgeteilt worden ist, ist indes nicht im Streit, vielmehr offenkundig.

3. Soweit die Antragsteller schließlich einen fehlenden Hinweis auf Rechte und/oder Pflichten nach erfolgtem Widerruf beanstanden, ist dies ebenfalls unerheblich, da nach § 355 BGB a.F. ein solcher Hinweis nicht erforderlich war. Soweit die Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin gleichwohl unter der Überschrift Widerruf bei bereits erhaltener Leistung (Hervorhebung des Gerichts) darauf hinweist, dass in diesem Fall der Darlehensnehmer die empfangene Leistung trotz Widerrufs an die Bank zurückzugewähren hat und gezogene Nutzungen herauszugeben seien, ist dieser Hinweis rechtlich zutreffend und trägt dem Abwicklungsverhältnis nach Widerruf Rechnung.